Virtuelle Orgeln und Computer

  • Objektiv betrachtet sind die ganzen Systeme die Samples nutzen am Ende. Das Prinzip Audiostück abspielen bei Tastendruck, einige Simulationen anwenden und ausgeben funktioniert ja bei GrandOrgue und Hauptwerk bereits viele Jahre sehr gut. Wirklich Große Verbesserungen gibt es ja schon lange nicht mehr, eher Details die vermutlich bei Hauptwerk besser beschrieben und vermarktet werden.

    Beide Programme basieren ja quasi auf dem selben Gerüst welches ja nun über ein Jahrzehnt immer erweitert wird. Wenn man bei GrandOrgue den Quelltext anschaut, dann sieht man das dieser Kern eigentlich nie angerührt wurde, vermutlich auch weil es sich nicht ändern lassen würde ohne alles darüber auch zu verändern. Das Ergebnis ist das die Software weder Effizient arbeitet, noch die Möglichkeiten moderner Technik nutzt. So was könnte die Leistung erhöhen und die Anforderungen massiv senken. Aber das käme einer Neuentwicklung gleich. Das Team von GrandOrgue wird das ganze vermutlich Zeitlich und Fachlich nicht schaffen. Bei Hauptwerk wird es vermutlich ähnlich sein. Dort kann man zwar nicht reinschauen, aber im Kern kann man ja vermuten das es die gleichen Probleme gibt nur optisch besser verpackt und im Marketing versteckt. Aber im Kern wird vermutlich nur eine komplette Neuentwicklung das ganze weiterbringen. So lange GrandOrgue aber das tut was es soll und mit Hauptwerk noch Geld verdient wird, werden die Grundprobleme nicht angegangen, warum auch?

    Andere Ansätze die eher Synthetisch arbeiten sind da eine Alternative wo sich etwas bewegt. Aber auch da sieht man ja die Komplexität des Problems. Aeolus als Vorreiter damals ist quasi eingestellt, als Fork wird weiter daran gearbeitet in verschiedenen Formen aber an den Kern der Klangerzeugung traut sich seit Jahren keiner ran weil es zu komplex ist. OrganTeq ist im Moment das einzige in der Orgelsimulation was Fortschritte macht, aber auch da geht es nur sehr langsam weiter. Obwohl der Hersteller mit PianoTeq ja beweißt das er Ahnung von der Synthetischen Tonerzeugung hat.

    Hauptproblem ist wohl das Orgelsoftware eine winzige Nische ist. Natürlich Zuhause Üben ist nett, aber wer ernsthaft Zuhause Orgel spielen will, der bastelt sich nicht mit Hauptwerk, GrandOrgue oder ähnlichen ein Spieltisch. Wer das möchte, der kauft im Fachhandel für 5000 Euro einen fertigen Spieltisch der die Klangerzeugung schon mitbringt und in der Grundausstattung zwei Manuale, Vollpedal und ein echtes Spielgefühl ohne Arbeit liefert. Teurer ist es zumindest nicht und Klanglich sehr nahe an einer Orgel.

    Sind wir mal ehrlich, diese ganze Orgelspielsoftware ist doch im Grunde nur ein Spielzeug für die meisten Nutzer (sehr wenige nutzen so was professionell). Jeder der ernsthaft Orgel spielt, der hat eine Orgel vor Ort die er spielen kann und nutzt die Möglichkeit Zuhause eher rudimentär zwischendurch oder wenn es in der Kirche -5°C ist :) Die Hauptnutzer werden wohl bei GrandOrgue die sein, die mal damit spielen wollen, ohne ein Orgelspiel vertiefen zu wollen. Und diese Hauptgruppe wird durch GrandOrgue und Hauptwerk sehr gut versorgt. Ich persönlich spiele Orgel am liebsten an einer echten, weil ich das Spielgefühl und die Atmosphäre so genieße was sich nicht simulieren lässt.

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    • Offizieller Beitrag

    Also ich sehe nicht, wo die Systeme die Samples nutzen am Ende wären. Was gibt es denn, was besser klingt, außer eine original Pfeifenorgel? Sämtliche hochgelobte Ansätze mit synthetischer Klangerzeugung konnten mich bisher nicht wirklich überzeugen.

    Und was würde eine radikale Neuentwicklung bringen? Das bisherige Ergebnis mit der Sampletechnik ist doch klanglich schon sehr gut. Da sind Verbesserungen am Klang eigentlich nur noch in kleinen Nuancen möglich. Die Probleme liegen da eher im Bereich der Aufnahme der Samples, als beim Abspielen. Leistungsfähige Computer sind inzwischen auch bezahlbar.

    Über den Sinn und Zweck von Orgeln und Orgelspiel kann man m. M. n. kein allgemeingültiges Urteil sprechen. Jeder hat andere Beweggründe, warum, wie und wo er sich mit Orgel beschäftigen will. Der eine spielt zum Gottesdienst in der Kirche, der nächste gibt ein Konzert im Konzerthaus, ein weiterer braucht nur Orgelklänge für ein kommerzielles Musikprojekt und ein anderer will sich rein privat mit Orgel und Orgelspiel beschäftigen. Da hängt dann eben heutzutage oft ein HW/GO-PC an der heimischen 5000 € Sakralorgel, um einfach einen deutlich besseren Klang zu haben.

    Ich finde es persönlich z. B. toll, dass ich mich zuhause auch mit Orgeln beschäftigen kann, für die ich weit reisen müsste, oder an denen ich vermutlich niemals spielen dürfte. Da bekomme ich mit HW/GO einen guten Eindruck über die charakteristischen Eigenheiten verschiedener Orgellandschaften und annäherungsweise eine Vorstellung vom Klang dieser Orgeln.

  • Bitte nicht falsch verstehen, ich kritisiere die Technik nicht oder das es diese gibt, sehe es aber eher kritisch wie es gemacht wird und das es wohl durchaus möglich wäre sparsamer mit Ressourcen umzugehen. Ein Hauptwerksystem das Probleme mit dem Arbeitsspeicher bei 64GB oder je nach Einstellungen auch 128GB bekommt, dass kann man nicht schönreden. Zugegeben Hauptwerk ist da etwas optimierter als GrandOrgue aber Wahnsinn ist es schon. Aber damals als es angefangen hat, da dachte vermutlich auch keiner das jemals jemand so große Orgeln mit dem System spielen wollen würde oder könnte. Natürlich will ich mir nicht anmaßen beurteilen zu können wie man eine solche Software besser umsetzen könnte, oder ob es tatsächlich abseits der Theorie überhaupt möglich wäre. Ich teile nur meinen Blickwinkel.

    Ich nutze trotz meiner Kritik sowohl GrandOrgue wie auch Synthetische Ansätze, je nach Zweck.


    Besitzt Du Hauptwerk und einige größere Samplesets?

    Hauptwerk abseits der Demo nicht, aber von Piotr Grabowski habe ich mal das Set von Erfurt Büßleben gekauft, da ich diese Orgel auch hin und wieder einmal spiele, sie aber leider nicht in mein Wohnzimmer passt :) Da ich die Orgel sehr gut kenne weiß ich aber auch das der Klang virtuell ganz anders ist. Das meine ich nicht negativ, aber es ist eben klanglich nicht die Orgel wie sie dort klingt. Natürlich würde ich es wohl nicht merken wenn ich sie nicht real kennen würde und mich am Klang erfreuen so wie er ist.

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    • Offizieller Beitrag

    Je nach finanzieller Lage. Für einen sehr guten Selbstbau-PC muss man locker 2500 EUR hinblättern. Das kann sich nicht jeder leisten.

    Aber ein PC mit einer Leistung, die vor ein paar Jahren noch mind. 2500 € gekostet hat, ist heute bereits für unter 1000 € zu haben. Wer immer ganz vorne dabei sein will, der muss eben überproportional zahlen.

    Vor ein paar Tagen habe ich erst GrandOrgue auf einem Raspberry Pi 4 mit 4 GB installiert. Mit einem kleinen Sampleset funktioniert das tadellos. Ein kleines Midi-Keyboard dran und der Einsteiger kann für rund 200 € loslegen.

  • Vor ein paar Tagen habe ich erst GrandOrgue auf einem Raspberry Pi 4 mit 4 GB installiert. Mit einem kleinen Sampleset funktioniert das tadellos. Ein kleines Midi-Keyboard dran und der Einsteiger kann für rund 200 € loslegen.

    Wie ist das mit der Latenz und Auslastung beim Raspberry Pi? Mit dem 8GB Modell könnte es sogar mit den Orgeln z.B von http://binauralpipes.com klappen. Da sind ja recht schöne dabei. Ich habe schon oft von dem Versuch mit einem Raspberry Pi gehört, aber wirkliche Berichte wie und ob es klappt sind rar.

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    • Offizieller Beitrag

    Wahrscheinlich war ich Anfang 2014 der Erste, der GrandOrgue auf einem Raspberry Pi 1 zum Laufen gebracht hat:

    Mini-Orgel mit "Raspberry Pi"

    Damals hatte ich nur ein kleines Keyboard für Begleitmusik unterwegs damit ausgerüstet. Drei Register 8-4-2 waren damit immerhin machbar und die Latenz war für den Zweck ausreichend. Mit jeder neuen Version des Raspi wurde mehr möglich. Der Raspi 4 hat jetzt mehr Leistung, als der große PC, mit dem ich damals 2004 mit Hauptwerk 1 angefangen habe. ^^

  • Aber mal ehrlich, GrandOrgue auf dem ersten Raspi zeigt doch einen gewissen Hang zu Perversion :evil:

    Der aktuelle Raspberry ist da ja wesentlich weiter. Wobei ich tatsächlich eher bei solchen Dingen zu einem Thinclient raten würde. Beispiel einen HP t610 bekommt man mit 8GB Ram und 16GB SSD für 30 Euro hinterher geworfen. Aufrüsten auf 16GB Ram und der eingebaute Dualcore reicht aus. Der Unterschied ist natürlich das Gerät verbraucht keine 10 Watt sondern 70 Watt.

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  • Liebe Orgel-MitstreiterInnen,

    nach 50 Jahren Praxis auf modernen und historischen Orgeln werde ich die Möglichkeit, zu Hause zu jeder Tages- und Nachtzeit bei Zimmertemperatur an einem genormten Spieltisch üben zu können, sehr genießen. Dass das dann auch noch adäquat klingen wird, begeistert mich sehr. Insofern: Ich will da wirklich arbeiten, und das wird auch gehen.

  • Na für 64GB Ram (DDR4) zahlt man ja auch 350-500 Euro. Der Prozessor ist stand jetzt ja eigentlich nicht wirklich relevant und ich glaube alles was man die letzten 10 Jahre kaufen konnte was nicht gerade absolute Einsteiger/Tabletklasse ist sollte da keine Probleme haben. Und die Festplatte ist ja auch nicht relevant. Theoretisch könntest du dein Sampleset ja von Diskette laden. Zugegeben hätte wohl keiner nach Diskette 50 von 7.800 noch Lust zu orgeln :)

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    • Offizieller Beitrag

    Den letzten Orgel-PC hab ich mir vor etwa einem Jahr zusammengenagelt. Ein 6-Core AMD Ryzen 5, Mainboard, 64 GB RAM, 1 TB SSD, Gehäuse, leise Lüfter. Der kam unter 1000 €.
    Im Vergleich dazu damals ein 6-Core Intel 3930K, für den ein Mainboard mehrere 100 € gekostet hat und 64 GB RAM damals noch ein kleines Vermögen, eine 1 TB SSD gab es damals höchstwahrscheinlich noch gar nicht. Da denke ich, hat der ganze PC vermutlich eher deutlich über 2500 € gekostet.
    Wenn ich dann mal die CPU Leistung im Passmark vergleiche, dann ist der heutige Ryzen 5 5600 auch noch rund 2,5 mal schneller als der 3930K. ;)

    Die Preise der Intel CPUs alleine betrachtet sind zwar relativ stabil, aber es kommen eben immer wieder neue CPU-Generationen, RAM-Typen und Massenspeicher-Technologien, sodass auf den ganzen PC gerechnet leider ein ziemlich rascher Wertverlust stattfindet. Aber das ist ja seit Anbeginn der Computerentwicklung schon so.

    • Offizieller Beitrag

    Nein, ich war von Deinem 3930K ausgegangen. Hätte ich einen noch funktionierenden Orgel-PC mit 3930K gehabt, würde ich den weiter nutzen. Zuvor war ein i5 mit 32 GB in dieser Orgel, aber der hat bei einem Stromausfall den Geist aufgegeben und wurde durch den Ryzen 5 ersetzt. Für meinen Flugsimulator hatte ich mir vor gut 2 Jahren einen i7-8700K zugelegt. Ist inzwischen schon wieder zwei Generationen veraltet. Da kommen dann noch sauteure Grafikkarten mit ins Spiel, die auch ruckzuck wieder veraltet sind. Wenn man immer einigermaßen vorne dabei sein will, kann man ganz schön Geld liegen lassen.

    • Offizieller Beitrag

    Das fand ich jetzt amüsant.

    Es ist nicht immer alles so wie es den Anschein hat! ^^ Auf dem i5, der den Geist aufgegeben hat, war Windows mit Hauptwerk installiert. Die Orgel lief noch im Wohnzimmer, als ich mit der Heckenschere draußen im Garten ins Kabel... ...Peng! Danach war die Festplatte feste platt. Bei der Gelegenheit hab ich ihn gleich ganz ausgetauscht.
    Den gleichen i5 hab ich nochmal in meiner Orgel in der Gartenkapelle. Dort allerdings mit Linux und GrandOrgue auf einer SSD. Das ist das Gerät, welches ich seit Jahren immer mit dem Netzschalter "herunterfahre". ;) Und es lebt noch!