Equipment und Know How zum Samplen einer Orgel

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liebe Orgelfreunde,

    das Know-How zum Samplen einer Orgel ist bisher nicht allzu öffentlich verbreitet. Die kommerziellen Hersteller werden wohl auch kaum ihr Wissen und ihre gesammelten Erfahrungen kundtun.

    Was den Markt betrifft, so wage ich zu prognostizieren, dass es wohl immer schwieriger werden wird, weiterhin auf kommerziellem Wege große Umsätze mit den Samplesets zu tätigen. Es gibt einfach schon sehr viele gute Sets am Markt und jedes Neue, hat nur noch eine Chance, wenn es qualitativ mindestens so gut ist wie die bisherigen. Außerdem werden nur die interessantesten Orgeln eine Chance auf Vermarktung finden, wenn sie einem Stiltypus angehören, der noch nicht so verbreitet ist oder gar noch im Sortiment fehlt. Dahingehend wird es auch nicht ausbleiben, dass die erzielbaren Preise für Samplesets schrumpfen werden, wie es in der letzten Zeit auch schon der Fall war.

    Es wird die Zeit kommen, wo Samplesets eher von engagierten Projektgruppen mit ausgetüftelter Softwareunterstützung entwickelt werden und dann sehr preisgünstig bzw. gratis verfügbar sind. Man wird dann vielleicht gleich auf Wikipedia beim Lesen einer Information über eine Kirche das passende Sampleset der Orgel mit laden können und diese mal kurz mit GrandOrgue anspielen :D

    Insofern ist es sicher nützlich, das Know How über das Samplen von Orgeln als Allgemeinwissen aufzubauen und Standards festzulegen, mit denen vielleicht tatsächlich irgendwann der Dokumentationscharakter eines Samplesets auch eine wissenschaftliche Grundlage erfährt, im Gegensatz zu heute.

    Entscheidend ist dabei sicher zunächst die eingesetzte Technik für die Aufnahmen und ebenso das Aufnahmeverfahren. Hierüber würde ich gerne in diesem Thread diskutieren.

    Hat jemand interessante Links zum Thema?
    Welche Mikrofone und Aufnahmegeräte sind sinnvoll?
    Welche Mikrofonanordnungen bringen jeweils die besten Ergebnisse?

    usw.

    Gruß Michael

  • Hallo Michael,

    Für die aufnahme einen guten Sampleset ist absolut eine high-end-Ausrüstung erforderlich. Oft werden Mikrofonen von DPA, Neumann oder Oktava verwendet, zusammen mit erstklassige Kabel und Stative. Der Klang wird durch harddisc-recording in mehrere Spuren durch hochwertige Mikrofon vorverstärker gemacht. Die verarbeitung ist sehr komplex. Die beste Mikrofonanordnungen sind AB und XY, aber auch MS wird oft verwendetm in 2 oder 4 Kanäle. Es ist deshalb nicht leicht einen guten Sampleset zu erzeugen. Ich komme aus Holland und arbeite derzeit an meinem zweiten Set für Hauptwerk, der jetzt zwei Jahren Arbeit gekostet hat. Auch mit billigeren Geräten sind Aufnahmen zu machen, aber die ergebnisse sind von viel geringerer Qualität. Tatsache ist, dass ein guter Set nicht einfach herzustellen ist und viel Zeit nimmt. Es gibt tatsächlich viele Geheimnisse rund um die Aufnahme und Nachbearbeitung, welcher mann nicht öffentlicht....

    Gruß Danny

  • Für ein seriöses Community-Projekt wäre es vorstellbar dass man die Kosten für das Equipment untereinander aufteilt.
    Allerdings sollte es für den Anfang doch reichen erstmal "kleine Brötchen zu backen" ;)
    Generell bin ich der Meinung dass ein öffentlicher Austausch durchaus zu einem Standard
    auf qualitativ sehr hohem Niveau führen kann.
    Ein spannendes Thema!

    Gruß,
    Michael

  • Da gebe ich Michael recht. Ich denke um Erfahrungen zu sammeln bedarf es keiner Riesenausgaben. Was meint ihr denn zu Abstraktes Orgel? Die ist rein größentechnisch ideal, oder?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Danny,

    herzlich willkommen hier im Forum und vielen Dank für die Tipps.

    Zitat

    Original geschrieben von dkos

    Für die aufnahme einen guten Sampleset ist absolut eine high-end-Ausrüstung erforderlich.

    Das habe ich schon fast befürchtet.
    Aber vielleicht kann man auch mit einer etwas günstigeren Ausrüstung für den Anfang passable Ergebnisse erzielen. Wenn man darauf achtet sonst alles richtig zu machen, können vielleicht sogar bessere Ergebnisse dabei herauskommen, als mit High-End-Equipment wenn jemand keine Ahnung hat. :-wow:


    Zitat

    Oft werden Mikrofonen von DPA, Neumann oder Oktava verwendet, zusammen mit erstklassige Kabel und Stative.

    Ich denke die Neumann Mikrofone KM 183 (Kugelcharakteristik) oder KM 184 (Nierencharakteristik) dürften schon recht gute Ergebnisse liefern. Allerdings liegt da ein Paar auch schon bei rund 1300,- Euro.
    Die DPA oder auch Schoeps Mikrofone kosten dann eher noch ein mehrfaches davon :o

    Im "Billigsegment" tummeln sich dann Rode NT5 oder Oktava MK 012 für 300,- bis 400,- Euro pro Paar. Hier muss man wohl schon etwas mehr Abstriche an den Klang machen, liegt aber wohl noch deutlich besser als bei anderen in dieser Preisklasse oder dann gar noch wesentlich billigeren.


    @alle:

    Von den Oktava Mikrofonen höre ich im Zusammenhang mit Samplesets jetzt schon zum 2. Mal. Auch Dirk Menzenbach hat wohl welche verwendet beim Set Buttforde: siehe hier auf Dirks Orgelseite

    Da ich ja morgen am 20.03. Geburtstag habe (Mikrofonspenden werden gerne entgegen genommen :-D), mache ich mir ein Geschenk und bestelle jetzt einfach mal ein Set Oktava MK 012 als aufeinander abgestimmtes Stereopaar mit je 3 Kapseln zum wechseln mit Kugel-, Nieren-, und Hypernieren-Charakteristik.
    Damit bewege ich mich zwar noch nicht im High-End-Bereich, aber ich denke es ist mal ein guter Einstieg, der verschiedene Versuche ermöglicht. Wenn später vielleicht noch bessere Mikros dazu kommen sollten, dann kann man die Oktavas ja vielleicht auch noch für weitere Aufnahmekanäle nutzen.
    Als Interface verwende ich dazu das Steinberg UR22, welches ich mir auch unlängst bereits im Hinblick auf Aufnahmen zugelegt hatte. Ich werde mich vorerst auf jeden Fall mit Stereo-Aufnahmen begnügen. Ich bin sowieso kein allzu großer Freund von Surround-Samplesets.

    • Offizieller Beitrag

    Mein Set mit den beiden Oktava MK 012 Mikrofonen war übrigens in Rekordzeit noch pünktlich an meinem Geburtstag bei mir eingetroffen. Die Mikros und die je 3 Kapseln, die beiden -10 dB Abschwächer, sowie die zugehörigen Mikrofonhalter liegen fein säuberlich in Schaumstoff gebettet in einer Art Zigarrenschatulle aus Holz. Es sind mehrere Frequenzgangdiagramme beigelegt, auf denen jeweils das spezielle Paar Mikros mit den zugehörigen Seriennummern von Hand vermessen wurde. Macht wirklich alles einen sehr sauberen und wertigen Eindruck!

    Wie zu erwarten war, fällt der Frequenzgang im Tiefbassbereich ab, sodass sich die Mikros nicht unbedingt für Aufnahmen von 32-Füßern eignen. Bei 16´-Registern müsste aber alles noch im relativ linearen Bereich ablaufen. Auch die Höhen über 10 kHz fallen etwas ab, wie ich aber auch vorher schon wusste. Damit sind zumindest nicht übermäßig schrille Mixturen zu erwarten ;)

    Aber beide Mikrofone haben nur marginale Abweichungen im Frequenzverlauf untereinander, da sie ja deswegen extra paarweise selektiert wurden. Wenn man den Frequenzverlauf noch ausgeglichener und weiter haben möchte, muss man eben doch schon sehr tief in die Tasche greifen und evtl. Mikros für mehrere tausend Euro kaufen.

    Ich werde nun versuchen damit ein paar Pfeifen meiner Walcker-Hausorgel zu samplen.
    Welche Kapseln soll ich dabei wohl verwenden? Kugel, Niere oder Hyperniere? :/
    Und welche Mikrofonanordnung wird wohl am meisten Erfolg versprechen?

    Wohlgemerkt steht die Orgel bei mir in einem Wohnraum, also ohne nennenswerten Hall !

    • Offizieller Beitrag

    Mangels Zeit konnte ich meine Versuche in den letzten Monaten leider nicht weiter verfolgen. Aber unser User casacota hat uns in einem anderen Thread hier sehr wertvolle Hinweise gegeben, die ich hier an zentralem Ort nochmal zusammenfassen möchte:

    Zitat

    Original geschrieben von Mikelectric zum Thema Sampleset der Esmuc-Orgel von casacota

    Interessieren würden mich natürlich weitere Details zur Aufnahme, wie die Art der Mikrofonierung, Mikrofonstandort und Typ der Mikrofone. Aber vielleicht ist das ein Betriebsgeheimnis?

    Zitat

    Original geschrieben von casacota

    Hallo Michael,

    Keine Betriebsgeheimnisse gibt es hier! Dia Aufname wurde mit zwei alte Schoeps-Mikrophone mit Nierencharakteristik gemacht in ORTF-Anordnung. Es sind aber modifizierte Exemplare: mit Spezialspeisung Tonader 21 Volt, nahezu 0 Ohm Ankopplung und Kapselpolarisation bei 100 Volt, dazu mit eingebauter Heizung (damit bei der hohen Polarisation keine Feuchtigkeitsprobleme auftreten). Frequenzgang +/- 1 dB zwischen 5 Hz und 35 KHz. Ausgang 1.55 Volt, brauchen kein Vorverstärker, können direkt an einen Linieneingang angeschlossen werden. Etwas kompliziert, empfindlich und umständlich, aber absolute Traummikrophone für die Orgel.

    Die Mikrophone wurden direkt hiter dem Organistenplatz auf Kopfhöhe einer stehender Person (eigentlich dort wor der Orgellehrer steht!). Da die Orgel für diesen zweck gebaut und harmonisiert wurde, ist es wohl der richtige Platz!

    Ausser eine sehr vorsichtige noise reduktion mit dem Orgelmotor als Muster (mit Samplitude) wurde an den Samples nichts gemacht. Ziel war die Orgel so realitätsnahe wie nur möglich abzubilden, darum auch die Geräusche, die unterschiedene Pfeifenansprachen, einzelne Verstimmungen.

    Zitat

    Original geschrieben von Mikelectric

    Danke für die ausführliche und schnelle Antwort. ... ... Bisher konnte man meistens nur sehr wenig über die Aufnahmetechnik von den Sampleset-Herstellern erfahren.

    Wenn ich wieder etwas mehr Zeit habe, wollte ich auch gerne Samples von einer Orgel anfertigen und für GO zur Verfügung stellen. Allerdings sind meine Mikrofone nicht so hochwertig wie die Schoeps ( siehe hier ). Ich hoffe es wird trotzdem einigermaßen damit gehen und bin natürlich für jeden Tipp dankbar.

  • Ergänzend kann ich hinzufügen dass es nicht unbedingt eine sehr teure Ausrüstung sein muss. Dies Claviorganum http://www.casacota.cat/perl?num=1404987463 wurde mit eine Microctrack 96/24 aufgenommen und Umständehalberbedingt mit ein sehr billiges Mikrophon, der Superlux S502 (125 €). Gegenüber dem Original Schoeps MSTC 64 Ug (um die 3000 €) muss man aber eine leichte Frequenzgangkorrektur vorgenommen werden. Damit kann man auch sehr gute Resultate erzielen. Hier der Filter:

  • Für alle SampleSets habe ich benützt fogende Programme:

    Erste Bearbeitung (Noise Reduction, Normalisierung, Schneiden und Bereitstellung der rohen einzelnen Notendateien: Samplitude v. 6 (sehr alt...)

    Looping: Endless Wav. Alle Loops von Hand anfänglich definiert, individuell abgehört und kontrolliert. Nur für Orgelregister. Bei Cembalo oder Spinett alls von Hand mit Wavosaur.

    Nachbearbeitung: Wavosaur. Absprachemarker alle von Hand gesetzt, kontrolliert und korrigiert, ebenso die Fade-outs.

    Das Ganze hat keine Gehemnisse, nur eine Menge Handarbeit. Es gibt zwar Programme welche die Arbeit teilweise automatisieren, doch die Ergebnisse sind oft nicht zufriedenstellend.

    Wichtig ist dass die Samples lang genug sind - idealerweise sollte der Loop-Teil nicht unter 10 Sekunden sein. Damit wird zwar das SampleSet grösser (in MB), dafür sind multiple Loops unnötig und der Orgelklang wird allgemein besser.

    Wenn man es perfekt machen will, nimmt man auch gewisse Registerkombinationen mit auf, z.B. Prinzipalplenum damit die Winddrücke, Einschwingvorgänge und Phasenankopplung der verschiedenen Register durch die Rückwirkende Resonanz in den Tonkanzellen sich richtig verhalten. Damit klingt die Orgel nicht "elektronisch", doch wie eine Logik in die ODF einzubauen ist dass dies berücksichtigt ist eine weitere komplikation.