Erfahrungen mit Röhrenverstärkern für Orgeln?

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    Hallo Olaf,

    mit den Röhrenverstärkern ist das wie mit vielen Dingen des Lebens. Entweder man liebt sie, oder man liebt sie nicht. Es ist sicher viel Philosophie die dahinter steckt. Vieles kann man messen, manches vielleicht nur erahnen. Glaube, Voodoo, Wissenschaft? Was ist "Wärme"? Was ist "kristallklarer" Klang? Ich weiß es auch nicht. Ich denke es gibt gute und schlechte Röhrenverstärker genauso wie gute oder schlechte Transistor- oder IC-Verstärker. Im Zweifelsfall am besten direkt gegeneinander vergleichen.

    Meines Wissens waren aber früher Röhrenverstärker deshalb gerade bei den Gitarristen so beliebt, weil die Verzerrung einer übersteuerten Röhre besser geklungen hat, als die Verzerrung durch Übersteuerung eines Transistors. Die Röhre hat vermutlich bei Übersteuerung harmonischere Obertöne erzeugt und der Transistor durch Clipping eher unharmonische. Daher vielleicht die Assoziation, dass Röhren angeblich einen "weicheren", "wärmeren" Klang geben sollen. Wie gesagt glaube ich aber, dass das nur bei Übersteuerung zutrifft und im linearen Normalbetrieb eines Verstärkers kaum ein Unterschied zu modernerer Technik hörbar sein sollte. Ist aber nur meine Philosophie :D

    Beim Direkt-Vergleich zwischen Verstärkern der 150,- € Klasse mit Verstärkern der 1500,- € Klasse tue ich mich eher schwer, Unterschiede rauszuhören. Wogegen die klanglichen Unterschiede selbst bei Lautsprechern innerhalb der gleichen Preisklasse fast immer gewaltig sind. Egal ob innerhalb der 150,- € Klasse oder bei Boxen um 1500,- €.

    Also aus klanglichen Aspekten finde ich eher ratsam, einen Verstärker für 150,- € zu kaufen und dafür jeden gesparten Cent in möglichst gute Lautsprecher zu stecken. Insofern, sollte die Reparatur Deines Röhrenverstärker in diese Größenordnung kommen, dann würde ich persönlich eher einen neuen Verstärker bevorzugen.

    Gruß Michael

    • Offizieller Beitrag

    Tut mir leid, aber ich höre eben keinen prinzipbedingten Unterschied zwischen Röhrenverstärkern und Transistorverstärkern raus. Habe das schon mehrmals im HiFi Bereich verglichen. Vielleicht liegt es dann an meinen Ohren.

    Vorausgesetzt natürlich, beide werden im linearen Bereich betrieben. Ein Betrieb eines Verstärkers in Übersteuerung, Sättigung oder mit Kompressor macht für mich in Verbindung mit Klangwiedergabe für eine Orgel auch keinen Sinn. Diese Betriebsarten ändern den Klang, bzw. fügen ihm dann Dinge hinzu, die in der Aufnahme nicht vorhanden waren. Ich möchte schlicht und einfach einen Verstärker, der möglichst das hinten verstärkt raus bringt, was vorne rein kommt und keinen der Signale verändert. Und das können Geräte ab 150,- € meiner Meinung nach schon ganz ordentlich. Natürlich darf man den eben nicht übersteuern. Wenn die Leistung einem nicht reicht, kann man einen größeren kaufen. Und wie gesagt, empfinde ich persönlich den Klangunterschied von verschiedenen Lautsprechern als deutlich gravierender.
    Jedenfalls die Orgeln mit Röhrentechnik die ich bis jetzt gehört habe, klangen allesamt grauenhaft. Aber das lag wohl auch eher an der veralteten Klangerzeugung.
    Das alles ist aber nur meine Meinung. Hattest Du nicht nach verschiedenen Meinungen gefragt?

    Die Transistorverstärker haben sich seit 1967 auch technisch und klanglich sehr weiterentwickelt. Aber wenn in Deinem Fall der Röhrenverstärker doch deutlich besser klingt, dann würde ich den nehmen - keine Frage.

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    Original geschrieben von Dulzian

    Natürlich ändern Röhrenverstärker den Klang mehr oder weniger subtil, je nach verwendeter Betriebsart, in Richtung seidig/weich/warm (schwer zu beschreiben) - dass ist ja Sinn der Sache! :-music:

    Eben, da liegt ja auch das Philosophische drin. Will ich das, oder will ich das nicht. Will ich einen Klang der mir gefällt, auch wenn er sich ein Stück weit vom Original entfernt hat? Oder will ich einfach nur das hören, was auch aufgenommen wurde? Der Röhrenverstärker liefert ein wenig etwas dazu, was vorher nicht da war. Das was dazu kommt ist subjektiv wenig störend, weil es harmonische Obertöne sind. Der Transistorverstärker liefert theoretisch im geringen Maße unharmonische Töne dazu. Aber beim guten Transistorverstärker ist das um Faktoren weniger was dazu kommt als beim Röhrenverstärker. Trotzdem halte ich diese "subtilen" Unterschiede für vernachlässigbar. Da muss ich lange hinhören um das zu erahnen. Und wenn ich es tatsächlich höre, dann kann ich davon ausgehen, dass der Transistor mehr die Wahrheit über die Aufnahme sagt und die Röhre eher schönt :L
    Aber ist das nicht irgendwie Haarspalterei? Philosophie? :D

    Beim Röhrenverstärker ist meines Wissens auch viel kritischer zu bewerten, welcher Lautsprecher da letztendlich dran hängt. Nicht jede Kombination klingt da wirklich gut. Das begründet sich aus der Ausgangsimpedanz, die bei der Röhre im Grunde genommen irrsinnig hoch liegt. Die bekommt man dann nur wieder per Übertrager (Trafo) reduziert. Heutige Lautsprecher haben aber niedrige Impedanzen von 4 oder 8 Ohm. Da ist ein Verstärker mit niedriger Ausgangsimpedanz gefragt, was der Transistorverstärker von Haus aus hat, auch ohne Übertrager im Ausgang.

    Also ist beim Röhrenverstärker mit viel Aufwand evtl. ein Klang erreichbar, der zwar nicht ganz der Aufnahme entspricht, aber dem Ohr schmeichelt. Wenn man nicht aufpasst bei der Gesamtabstimmung Verstärker / Lautsprecher, dann kann's wohl auch in die Hose gehen. Also eher eine Lösung für Freaks - oder?

    Die heutigen Nahfeld-Aktivmonitore bieten einem eine Lösung aus einem Guss. Sie haben in der Regel je einen eigenen Verstärker pro Lautsprecherchassis, in Verbindung mit einer aktiven Frequenzweiche, was durchaus auch theoretische und praktische Vorteile bietet, gegenüber Lautsprechern mit passiven Frequenzweichen aus Spulen und Kondensatoren. Zudem kann man diese vom Entwickler bereits klanglich abgeglichenen Aktivboxen vor dem Kauf gegeneinander Probehören. Selbst hier treten noch eklatante Klangunterschiede selbst im oberen Preissegment auf. Ich meine jetzt nicht "subtile" Nuancen.

    Obwohl ich schon zeitlebens immer gerne Lautsprecher und Verstärker gebastelt hatte, so sagen mir meine Ohren und letztlich mein Verstand, dass ich mit guten fertigen Lautsprechern wie z.B. von Genelec schneller und unterm Strich doch kostengünstiger zu hochwertigem Klang komme, als über viel Probiererei verbunden mit zahlreichen Fehlkäufen von Einzelteilen. Nichtsdestotrotz laufen bei mir immer noch Eigenbauprojekte nebenher, alleine schon, weil es Spaß macht :-wow:

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    Original geschrieben von Dulzian

    Bei mir ganz klar: das Original ist mir relativ schnuppe. Ich finde es ok, wenn z.B. beim Sampleset hier und da Pfeifen umgestimmt werden oder klanglich angepasst werden (ist ja auch schon eine Verfälschung). Manche nutzen ja auch eine andere Stimmung für die Orgel, das kann schon eine drastische Abweichung vom Klang sein. Oder man schraubt an den Voicings herum usw., nicht nur um Raumnoden anzupassen, sondern um z.B. bestimmte Register hervorzuheben usw. usf.
    Macht man doch alles, um es für sich "schöner" zu machen, oder?
    Also, eigentlich ist die Änderung des Klanges durch einen Röhrenverstärker auch nix anderes: man schraubt am Klang herum, Originalorgel hin oder her?

    Aha - siehste - das sehe ich nicht so pauschal:

    1. ist mir schon eine Lösung wichtig, die möglichst nah am Original einer bestimmten Orgel ist. Sonst würde ich mir ja nicht X Samplesets von verschiedenen Orgeln zulegen. In diesem Fall bin ich einfach an der Orgelkultur unterschiedlicher Landschaften interessiert und kann diese virtuell kennen lernen. Dafür nehme ich auch am liebsten Kopfhörer oder die Genelec Monitore.

    2. habe ich auch mitunter Spaß am Rumprobieren und Klanggestalten. Dafür habe ich dann nochmal eine 2. Abstrahlung zum Experimentieren. Hier benutze ich mitunter 8 oder 10 Kanäle, Hallgeräte und immer wieder auch selbst gebaute Komponenten. Ebenso werden dann schon mal Samplesets so lange verstümmelt bis die Bude wackelt :-pop:

    Zitat


    Logisch! :-wow: Aber sind wir hier nicht alle ein bisschen ... :-crazy:

    Neiiiiiiiiiiiiiiiiiin - Neiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin - wir sind alle vöööööööööööööllig noooooormaaaal :-lol:

    Zitat

    Nur die persönlichen Wichtungen und Schwerpunkte setzt eben jeder anders.

    stimmt (siehe oben)

    Zitat

    Ich könnte z.B. nicht mit noch so guten Nahfeldmonitoren alleine leben, wenn in der untersten Pedalkoktave der 16' Grundton schlapp macht.

    Ich auch nicht, deswegen verwende ich meistens Subwoofer oder großvolumige Lautsprecherboxen.


    Zitat

    Das Problem entsteht eher dadurch, dass man bei Ersatz von Röhren durch einen anderen Typ meist einen anderen Röhrenausgangswiderstand bekommt und damit eine Fehlanpassung. Man muss da aufpassen, im Zweifelsfall lieber einen höheren Röhrenausgangswiderstand wählen....

    ...Das Dumme an der Röhrenverstärkeraktion ist eigentlich, dass ich erst nach viel Zeitinvestition weiß, ob das Ergebnis für mich eine Verbesserung oder genauer: eine Verschönerung des Klanges bewirkt, erstmal mit meinen passiven Canton-HIFI-Boxen, und nicht vorher entscheiden kann, ob ich stattdessen z.B. mit aktiven (Genelec-)Nahfeldmonitoren ein für mich "schöneres" Ergebnis bekomme.

    Hast Du schon mal daran gedacht, evtl. einen ganz neuen Röhrenverstärker aufzubauen? Wie wäre wohl der Aufwand im Vergleich zum (ungewissen) Umbau des alten einzuschätzen? Bei den neueren Bauvorschlägen kannst Du doch vielleicht leichter abschätzen wo die Reise hingeht. Vielleicht kann man den sogar bei einem anderen Selbstbauer vorher mal probehören?

    Zitat

    Habe mir gerade überlegt: es gäbe noch eine Zwischenvariante, wenn ich beides haben will: amtliche aktive Nahfeldmonitore und Röhrenwärme: indem ich mir einen Röhrenvorverstärker mit 2 Ausgängen baue: zum einen Stereo-Kopfhörerausgang und zum anderen Line-Ausgang. Also eine Röhrenstufe zwischen Line-Ausgange der Soundkarte und Line-Eingang der Nahfeldmonitore/Subwoofer, die keine Verstärkung liefert, nur regelbare Wärme. Sinngemäß auch für Kopfhörer. Wäre zumindest ein Alleinstellungsmerkmal, ich weiß nicht, ob sonst jemand schon auf diese (abartige?) Idee gekommen ist. :-confused:

    Am Röhren-Kopfhörer-Verstärker wäre ich evtl. auch noch interessiert. Beim verstärkungslosen Vorverstärker bin ich mir noch unsicher, ob sich damit die Vorteile oder die Nachteile summieren. :??:

  • Hallo Olaf,

    vielen Dank für Deinen inspirierenden Beitrag! Macht mir gleich wieder Lust auf Basteln.
    Nur leider kein geeignetes Ausgangsmaterial vorhanden. Auch bin ich ein wenig von der Röhtrenromantik abgerückt, nachdem ich ausführlich mit meinem Röhrenmikrofonvorverstärker von Reußenzehn (Mic - Mic) experimentiert habe und mir der Klang immer besser gefällt, je weniger von Röhrenverzerrung zu hören ist...

    LG, Ulrich