Original geschrieben von Mikelectric
Hallo Matthias,
zur Verarbeitung der von Dir genannten Spieltische kann ich nicht viel sagen, dazu müsste man sie schon live sehen. Und selbst dann hat jeder so seine persönlichen Ansichten was er als gut empfindet. Einer liebt mehr ein feines edles Finish, der andere hat es lieber etwas derb rustikal. Das hängt sicher auch davon ab, in welcher Umgebung das Instrument stehen soll. Nicht umsonst werden ja die Orgeln in den Kirchen in der Regel individuell an den Raum angepasst.
Wozu ich ein paar Worte sagen könnte ist also allenfalls etwas über das Konzept verschiedener Spieltische und deren dadurch bedingten Vor- und Nachteile, sowie über die darin verbaute Technik, die meist ja aus Standardkomponenten besteht wie wir sie fast alle hier auch einsetzen.
Das Konzept hängt entscheidend von den individuellen Schwerpunkten ab, die der einzelne setzen will. Leider gibt es da noch keine Eierlegendewollmilchsau. Über den Daumen würde ich aber sagen, dass je schöner und orgeliger ein Spieltisch aussieht, desto weniger ist er eigentlich für eine virtuelle Orgel geeignet. Die verschiedenen Kriterien die sich zum Teil gegenseitig beißen heißen in etwa:
- Optik
- Ergonomie
- Klangqualität
- Flexibilität
- Anschaffungspreis
Vor allem die Klangqualität kommt bei den meisten Konzepten zu kurz und wird optischen Gesichtspunkten untergeordnet. Außerdem leidet die Ergonomie häufig aus optischen Gründen. Das ist an und für sich auch recht logisch, denn der Mensch ist geneigt etwas Schönes haben zu wollen und vor allem ein Organist hätte eben gern auch eine schöne Orgel im Wohnzimmer. Das Angebot richtet sich also in erster Linie nach der Nachfrage (nach schönen Spieltischen). Der Hersteller will ja schließlich etwas (teures) verkaufen.
So finden dann "irgendwelche" Lautsprecher gerade noch dort Platz wo sonst nichts untergebracht worden ist, nur nicht da, wo es von den Kriterien der Abstrahlung für eine virtuelle Orgel sinnvoll gewesen wäre. Auf einen Touchscreen meint man mitunter ganz verzichten zu können oder montiert ihn ergonomisch ungünstig, nämlich oft viel zu hoch oder im falschen Winkel. Die Flexibilität eines solchen Spieltischs ist dann auch oft nicht mehr gegeben, sodass man ihn in Zukunft nur so einsetzen kann wie er eben ist. Jegliche Änderung oder Erweiterung wird dann schwierig. Virtuelle Orgeln entwickeln sich aber immer weiter und es ist kaum absehbar, welchen Anforderungen ein Spieltisch dann später noch gewachsen sein sollte. Außerdem ist gerade bei einer privaten Orgel es schnell so, dass man morgen schon wieder andere Vorstellungen und Ideale hat wie gestern.
Nun noch einige Kommentare zu den angesprochenen Spieltischen:
Noorlander Menuett
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An und für sich ein sehr schöner orgeliger Spielschrank wie man ihn sich gut im heimischen Wohnzimmer vorstellen kann. Sehr interessant die ausziehbaren Touchscreens, sodass man im Bedarfsfall die Möglichkeiten hat, aber trotzdem es auch optisch nicht immer störend wirkt. Nachteil ist allerdings, dass diese unergonomisch hoch angebracht sind. Man bekommt unnötig lahme Arme beim Bedienen. Wesentlich besser wäre direkt links und rechts neben den Klaviaturen auf höhe von Manual 1.
Die Manubrien sind zwar ein netter Gimmick, aber für eine virtuelle Orgel kommt man einfach schnell an die Grenze wo es viel zu wenige sind. Man wird in der Regel selbst auf einem 3-manualigen Spieltisch auch 4- bis 5-manualige Orgelsamplesets spielen wollen. Außerdem gibt es kein praktikables Beschriftungssystem, mit dem man schnell die Beschriftung der Manubrien wechseln könnte, wenn man ein anderes Set nimmt.
Insofern wird man vermutlich doch meist mit den Touchscreens arbeiten und diese sind dann doch mehr oder weniger immer sichtbar und im eher ungünstigen Winkel (und eben zu hoch).
An eine vernünftige Abstrahlung scheint man bei Noorlander nicht gedacht zu haben. Da wo der richtige Ort für die Nahfeldmonitore wäre, befinden sich stattdessen die Manubrien und die Touchscreens. Bleibt also im Prinzip nur noch die ungünstige, hohe Überkopfposition der Lautsprecher oder die für virtuelle Orgeln weniger optimale Raumbeschallung.
Eine Änderung oder Erweiterung des Spieltisches dürfte nur mit größtem Aufwand möglich sein. Z.B. ein 4. Manual oder Lautsprecher an idealer Position oder zukünftige Registerpanels mit Einzeldisplays.
Noorlander Sonnette
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Hier gilt im wesentlichen das schon für Noorlander Menuett gesagte. Touchscreens zu hoch, Lautsprecher viel zu hoch. Allerdings hat man hier auf die Manubrien von vornherein verzichtet zugunsten einer stabileren Montage der Touchscreens, die noch dazu in einem ergonomischeren Winkel bedient werden können. Optisch sieht der Festeinbau der Screens auch edler aus als die Lösung mit den sichtbaren Schubladenführungen.
ConsolArt
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Hier wird ein völlig anderes Konzept verfolgt, dass zwar zunächst deutlich weniger orgelig wirkt, aber für eine virtuelle Orgel dafür andere Vorteile aufzuweisen hat. Im Prinzip erinnert das an einen Schreibtisch mit aufgesetztem Manualblock. Den Vorteil sehe ich darin, dass auf den Flächen links und rechts davon die Bedienfelder sehr ergonomisch untergebracht werden können. Also Touchscreens oder Manubrienblöcke o.ä.
Die Betonung liegt aber hierbei auf "können", denn diesen Part überlässt der Hersteller dann so ziemlich dem Käufer. Der Käufer ist also gezwungen noch selbst zu grübeln was er will und wie das umzusetzen ist. Im einfachsten Fall eben zwei Touchscreens links und rechts ist nicht die schlechteste Lösung allerdings auch nicht sonderlich schick anzuschauen.
Auch über die Klangabstrahlung schweigt sich das Konzept zunächst aus und überlässt vieles dem Käufer. Sehr sinnvoll wäre in dem Fall eine Ergänzung mit einem Paar guten Nahfeldmonitoren, die am besten "irgendwie" über den Touchscreens anzubringen wären. Aber wie? Mit Boxenstativen hinter dem Spieltisch ist eigentlich schon wieder zu weit weg. Schafft man den Aufbau, dann hat man aber eine recht flexible und ergonomisch und klangtechnisch sehr gute Lösung für eine virtuelle Orgel, die auch für die Zukunft sehr flexibel geändert oder erweitert werden kann.
Die Optik ist dann allerdings nicht mehr sehr mit einem typischen Orgelspieltisch verwandt den man gerne im Wohnzimmer gehabt hätte. Auch ist es fraglich, ob man bezüglich der doch noch selbst zu erledigenden Bastelarbeiten mit Touchscreens und Lautsprecherbefestigung nicht auch gleich günstiger und individueller noch einen Tisch selbst hätte zimmern können ?
Manualblock, Pedal und Bank hätte man ja auch einzeln kaufen können.
Gruß Michael