Mit der „richtigen“ Software wäre es aus meiner Sicht für Anwender weniger aufwändig, Hintergrundrauschen aus Audioaufnahmen zu entfernen. Es ist eher Knochenarbeit in Verbindung mit Erfahrung, welcher Einstellparameter welche Veränderung bewirkt. Dagegen spielen die Entwickler einer hierfür geeigneten Software in der für Mathematiker absoluten Königsklasse.
Stand der Technik ist, die digitale Tonaufzeichnung als Pegel-Zeit-Funktion mit Hilfe der Diskreten (Fast-) Fourier-Transformation in das Frequenzspektrum überzuführen. Anstatt des zeitlichen Verlaufs der Signalabtastpunkte wird dadurch eine alternative Sicht auf das Tonsignal möglich, welche die Stärke des Signals bei verschiedenen Frequenzen wiedergibt. Stark vereinfacht kann man sich das etwa so vorstellen, dass durch viele Sinus- und Kosinus-Funktionen eine Reihenentwicklung vorgenommen wird. Das Summensignal dieser vielen trigonometrischen Funktionen soll das Audiosignal möglichst gut annähern. Mit Hilfe der sich ergebenden Fourier-Koeffizienten zeigt sich dann das Frequenzspektrum der Audioaufnahme. Diesem wird nun das Frequenzspektrum des separat ermittelten Hintergrundrauschens entnommen. Dies ist unproblematisch für Frequenzen, die unterhalb der Grundtonfrequenz einer Orgelpfeife liegen. Problematisch wird es, wenn das Hintergrundrauschen frequenzmäßig im Bereich der Grund- oder Obertonfrequenzen liegt (wie bspw. das Winderzeugungsgeräusch im Frequenzbereich von Basspfeifen). Dabei ist ein Orgelpfeifenton im Vergleich zur menschlichen Sprachdynamik in seinem Frequenzspektrum über die Zeit noch als relativ konstant anzusehen. Bei der Reduktion eines Audiosignals um den Anteil des Hintergrundrauschens wird meist (ungewollt) auch ein kleiner Teil des Nutzsignals mit entfernt. Da sind die Rechenalgorithmen (noch) nicht perfekt. Schließlich lässt sich durch das Abhören der in den Pegel-Zeit-Verlauf rücktransformierten Fourier-Funktion sich subjektiv feststellen, ob das Entfernen des Hintergrundrauschens in Ordnung geht, oder ob bzw. wie stark das ursprüngliche Signal beschädigt wurde. Man muss sich nach dem Prinzip „Trial and error“ vorantasten, um ein Optimum zu erzielen; eben eine Knochenarbeit. Hierzu bieten gute Softwareprodukte die Möglichkeit, exklusiv nur den reduzierten Signalanteil abzuhören. Da lässt es sich leichter beurteilen, ob bzw. in welcher Intensität auch Teile des Nutzsignals verloren gehen. Durch die Umrechnerei können sich auch Artefakte (Verzerrungen, Störsignale) in die Audioaufzeichnung einschleichen. Auch diese gilt es durch Abhören zu identifizieren.
In jüngster Zeit macht die KI erhebliche Fortschritte. Aktuell laufen große Entwicklungsprojekte zum Entfernen von störendem Bildrauschen für optische Verbesserungen in Filmen, Videos und Bildern. Die neuen Algorithmen lassen sich auch auf Audiodaten übertragen. Ein Ziel ist, mit Hilfe der KI Sprachsignale vom Hintergrundrauschen zu trennen um Sprachaufzeichnungen verständlicher zu machen bzw. Gesprochenes in (Print-) Text zu konvertieren. Falls jemand hierzu nähere Infos sucht, für Python-affine Freaks lauten u.a. die Schlagworte für die Suche im Internet: „Keras API for Tensor Flow“.
Siehe auch unter:
https://github.com/nttcslab/deep-sound-field-denoiserhttps://www.tensorflow.org/tutorials/audio/simple_audio
Aus meiner Sicht klingt ein nicht rauschreduziertes Sample-Set, das von einer älteren Orgel aufgenommen wurde, grauenhaft. Vor allem ist es der Geräuschanteil der Winderzeugung (Elektromotor, Gebläse, Überdruckventil, Leckagen), der besonders stört. Nicht rauschreduziert vervielfältigt sich das Hintergrundrauschen beim Orgelspiel entsprechend der Anzahl an gleichzeitig gedrückten Tasten. Dies führt zu einem unnatürlich wirkenden Klangergebnis. Dagegen kann man ja zur authentischen Wiedergabe das permanente Hintergrundrauschen im ODF auf die Orgel-Einschalttaste der VPO legen. Dann ist es unabhängig vom polyfonen Spiel auch nur einmal vorhanden und der Organist entscheidet, ob er es hören will oder nicht.
Heutzutage werden bei neuen (natürlichen) Orgelbauprojekten bereits vom Orgelbauer entsprechende Maßnahmen ergriffen, erst keine unerwünschten Hintergrundgeräusche aus der Orgel in den Kirchenraum dringen zu lassen. Der Aufwand wird nicht gescheut, zwecks Schallisolierung die Winderzeugung schwingungsdämpfend zu lagern und mit massiven Holzkonstruktionen zu umschließen, die im Inneren mit Sand befüllt sind. Da ist es dann nach dem Sampling auch für anspruchsvolle Ohren nicht mehr notwendig, nachträglich aus den Aufnahmen das Hintergrundrauschen zu entfernen...