Hallo BA, BE, RA und S8 et al.
Ihr sprecht mir da aus dem Herzen, dennoch aus meiner Sicht ein paar Gedanken: Das mit dem Editieren von GO-ODFs braucht schon Zen-mässige Disziplin (sorry auf Schweizer Tastaturen gibt es kein "deutsches scharfes s") und Eselsgeduld. Dafür gefällt mir an dem VPO-Instrumentengestaltungsprogramm im Gegensatz zum vercodierten HW, dass es vielleicht viel mehr handgestrickt, aber dafür transparent und "Open Access" ist, was ich eigentlich doch sehr schätze. Leider gibt es vielleicht noch zu wenige "Programmier-Schablonen" als Tools für solche Routine-Aufgaben wie Spieltischgestaltung. Aber schaut euch das Problem des Spieltisch-Designs alternativ auch mal durch die Brille eines realen Orgelbauers an. "Echte" Registerzüge (Manubrien) über Züge, Gelenke, Achsen, Registertrakturen bis hin zu einer entfernten Schleiflade (oder gar zwei, falls C/Cis-separate Laden angesteuert werden müssen), das braucht echt 3D-Vorstellungsvermögen (und irre verwinkelte Mechanik), was aber heute für Orgelbauer durch (luxuriös teure) "Orgelarchitektur-Programme" unterstützt werden kann. Ganz abgesehen von der eher praktisch-ästhetischen Frage, wo nun genau am Spieltisch sitzt der Registerzug oder auch das Koppelpedal?
Da haben wir es mit dem GO-Programm vergleichsweise auf virtueller Ebene noch immer doch relativ einfach (nur als kleiner Trost für die geschwollenen Augen und die Nachtarbeit wie oben von Rainer erwähnt, ist schon ein forderndes Hobby - aber man kann sich die Erfolgserlebnisse doch verdienen ...). Wir müssen dazu zunächst eine Vorstellung haben, wie und wo wir welche "Drawstops" platziert haben wollen (incl. der gewünschten Ein-/Aus-Image-Abbildung) und welches Register der "Stop" dann auch noch schalten soll. Selbst mit elektrischen Laukhuff-Registertasten-Tableaus würde dieselbe Verkabelungsarbeit real zigfach mehr Zeit brauchen und wäre in ebensolchen Dimensionen (nicht nur hardwaremässig) auch teurer. S8 hat neulich ein schönes (aber genau wie zu erwarten mühsam erarbeitetes) "Eigenbau"-Beispiel für ein Registertableau für sein Orgel-Setup hier im Forum präsentiert. Ist harte, und braucht wegen dem repetitiven Abarbeiten wahnsinnig Disziplin bzw. Konzentration. Aber es ist grundsätzlich machbar - und dann selbst erarbeitet (und erlitten) und macht letztlich dann auch berechtigt ein wenig stolz auf das Erreichte, auch wenn es vielleicht mit Programmier-"Schablonen" schon ein wenig schneller ginge. Wenn wir uns also als "Bildschirm-Orgelbauer" über den Zeitaufwand Sorgen machen, ist das ein berechtigtes Anliegen ... Aber was ich sagen will, wir machen dabei auf dem digitalen Weg immer noch eine wahnsinnige Abkürzung im Vergleich zum realen Orgelbauer, der an einem Edelfurnier-Cockpit (= Spieltisch) Löcher bohren muss, Schildchen oder Prägungen gravieren (lassen) muss, viele Meter Gestänge oder Kabel richtig (und zwar ebenfalls wirklich richtig) verlegen muss, damit am Ende beim Ziehen des Registers (oder Drücken des Registertasters) sich tatsächlich die richtige Schleife in die richtige Richtung bewegt...
Das heisst jetzt alles nicht, dass das für alle transparent zugängliche GO-Programm für den VPO-Orgelbauer schon perfekt handhabbar wäre... Da wäre nur von Leuten, die ihre Stärke und Expertise im Formulieren und Abbilden von Algorithmen haben, Fach-Support gefragt. So schwierig sollte das heute nicht mehr sein, die Frage ist eher ob es in der VPO-Orglerszene neben den Kunst-, Interpretations- und Orgelsachverständigen auch noch pragmatische "Programmbauer" gibt, die für diese vielleicht doch etwas exotische Anwender-Nische nutzeroffene "Schablonen" zur Bewältigung von eigentlich trivialen, repetitiven, aber dennoch absolute Präzision und auch ein wenig ästhetisches Gestaltungsvermögen verlangenden Arbeitsaufgaben solch ein Unterstützungstool zur vereinfachten Spieltischgestaltung in der GO-Szene einbringen könnten.
Wir sind für den Markt sicherlich eine vernachlässigbare Minorität an ambitionierten Anwendern, aber als Alternative zum doch schon eher eindeutig kommerzorientierten HW-Komplex (so in Analogie zu Linus) sollte man mit Phantasie und Sachverstand für eigentlich nachvollziehbar logische Arbeitsschritte (wie das Platzieren von Registerschaltern auf einer Nutzeroberfläche) Lösungen finden können. Leider bin ich da nicht dazu ausgebildet ... Beim Bau von echten Spieltisch-Anlagen könnte ich vielleicht eher etwas beitragen (Justieren, justieren, justiren ... nächtelang...)
Von Piotr Grabowski kam gerade vorhin der Newsletter herein, in dem er ankündigt, auch wieder GO-kompatible Samples zu editieren, auch wenn er HW multifunktionaler findet. Im Hinblick auf das oben Ausgeführte finde ich das spannend, denn Faktisch geht es ja bei HW und GO eigentlich "nur" darum auf Knopfdruck gezielt ein paar .wav-Sampledateien zum Laufen zu bringen und alle erforderlichen "Schalter-Knöpfe" auf einen Orgelspieltisch als Cockpit abzubilden, der Rest ist doch eh MIDI-Standard. Von daher zählt nach wie vor die Aufnahme und Aufbereitungsqualität der Samples. Die "Adressierungssoftware" und die Interface-Darstellung sollte (falls man halbwegs vernünftige Standards hat) eigentlich dabei nicht das unlösbare Problem sein - oder?