Einen schönen guten Abend allerseits !
Um die allgemeine Neugier zum Thema 'Neues Tastenzentrum' und 'Kombinationsorgeln' ein wenig zu befriedigen, hier ein paar allgemeine Informationen.
Zunächst als Anlage ein Foto der Kombinationsorgel im Bauer-Music Tastenzentrum - vor ca. 4 Wochen aufgenommen im ansonsten noch leeren Orgelsaal. Inzwischen ist der Neubau fertig, eingerichtet und mit Instrumenten ausgestattet, und am 9./10. November ist die offizielle Eröffnung.
Die dort installierte Kombinationsorgel steht beispielhaft für den heutigen Stand der Dinge bei Hybridorgeln, jede verkaufte/installierte Digital-Pfeifen-Kombinationsorgel ist hingegen ein individuell konzipiertes Projekt. 'Beispielhaft' bedeutet sowohl die vollständige Integration der Pfeifenregister in alle Spieltischfunktionen der Digitalorgel, als auch die konstruktiv individuelle klangliche Verschmelzung beider 'Klangerzeuger' durch Auswahl und Intonation der Pfeifen- und Digitalregister. Dazu gehört, einstweilen wiederum nur beispielhaft (es gibt bei kombinierten Instrumenten zahlreiche Parameter, die aus zwei Klangerzeugern erst ein 'Instrument aus einem Guss' machen), die notwendige Flexibilität bei der Zusammenstellung der Disposition und Auswahl der passenden Samples, sowie ein hoher Grad an wirklich tief greifenden, effektiven Intonationswerkzeugen auf der digitalen Seite. Unverzichtbar ist auch die richtige Positionierung und Ausrichtung der 'digitalen' Klangabstrahlung - einfach ein paar Lautsprecher neben das Orgelgehäuse hängen, geht natürlich überhaupt nicht...
Dass die Stimmung der Digitalregister automatisch - temperaturabhängig - an die Pfeifenregister erfolgt, ist heute selbstverständlich.
Zu den bisher noch ein wenig ratlosen Fragen nach den handfesten Vorteilen einer Kombinationsorgel: Natürlich gibt es einen signifikanten Preisvorteil gegenüber einer 'reinen' Pfeifenorgel - das war aber schon immer so, wenngleich man sich in den frühen Jahren der Kombinationsorgel-Idee auch mit dem einen oder anderen Nachteil abfinden musste: Mangelhafte Klangverschmelzung durch früher 'unlebendige' Digitalstimmen, fehlende oder unbefriedigende Intonierbarkeit der Digitalregister, gewöhnungsbedürftige Integration der Pfeifenregister in die Spieltischfunktionen, erforderliches manuelles Nachführen der Digitalregisterstimmung u.a.
Diese Nachteile sind, Technologie sei Dank, mittlerweile weitgehend überwunden - dagegen stehen vielmehr neue kreative klangliche Gestaltungsmöglichkeiten, die es in dieser Form bis vor Kurzem noch nicht gab. Nur ein paar wenige Beispiele:
- spontaner Austausch von Pfeifen- und Digitalregistern 'on the fly' - z.B. durch Umrouten von Pfeifenregistern auf alle Klaviaturen
- temporäre Oktavverschiebung von Pfeifenregistern
- temporärer Ersatz von einzelnen Pfeifenregistern durch alternative Digitalregister
- Erstellung von Schwebungen durch Überlagerung von Pfeifen- und Digitalstimmen auf einem Registerzug
- Realisierung von Oktavkoppeln AUCH für Pfeifenregister durch Extention der hohen (oder auch tiefen) Oktaven von Pfeifenregistern durch digitale Stimmen
- aktueller Dispositionsstatus einschließlich aller o.g. Beispiele in der Setzeranlage speicherbar.
Wie vielfältig und kreativ diese neuen/heutigen Möglichkeiten sind, kann man im Grunde nur 'live' vor Ort und am Instrument entdecken und erfahren.
Beim Blick auf die aktuelle Verbreitung und Qualität von Kombinationsorgeln hierzulande muss man feststellen, dass es in den 1980er/90er Jahren einen wenn auch nur kleinen 'Installations-Boom' gab, und demzufolge auch die Installationen aus dieser Zeit zwangsläufig noch als Maß aller Dinge betrachtet werden. Nachvollziehbar ist auch, dass so manche dieser Installationen klanglich und technisch nicht wirklich überzeugend für gelungene Kombinationsorgeln stehen und sich in der Folge in Fachkreisen die Überzeugung manifestiert hat, dass Kombinationsinstrumente 'nichts taugen'. Im Grund beginnt deshalb die Geschichte kombinierter Instrumente in diesen Jahren auf's Neue, zumal es in den letzten 10-15 Jahren nur noch wenige Neubauten gab. Tatsächlich ist dieses Thema heute aber interessanter und spannender als je zuvor, und dies keineswegs 'nur' aus finanziellen Erwägungen (Anschaffungskosten, geringerer Wartungsaufwand).
Noch ein paar Gedanken zur ebenfalls hier aufgeworfenen Frage nach 'normalen' Händlern und Hauptwerk/GO: Hier wird im Digitalorgel-Handels- und Vertriebsbereich häufig noch 'gefremdelt' (wie übrigens auch umgekehrt), und dies sowohl angesichts der Andersartigkeit virtueller und Hardware-basierender Systeme, als auch unter kommerziellen Gesichtspunkten. Ich verstehe dabei allerdings auch die zu beobachtende, teils erbitterte Fraktions-Bildung nicht so recht, denn beide 'Darreichungsformen' haben ja ihre eigene Klientel, die sich aus wohl erwogenen Gründen für das eine oder eben für das andere System entscheidet. Die virtuelle Orgel als das Maß aller Dinge zu deklarieren wäre ebenso vermessen und einäugig als die 'Hardwarelösung' als allein selig machende Wahl zu definieren. Die technologische Weiterentwicklung wird die derzeit noch sehr unterschiedlichen Ansätze in Zukunft ohnehin näher zusammen rücken lassen. Ob oder wann 'konventionelle' Händler nun auch VPOs in ihr Angebot aufnehmen oder nicht, ist aus meiner Sicht wirklich relevant - jeder Kunde kann ja frei entscheiden, was und von wem er kauft, und wofür er sein Geld investiert.
In deisem Sinne - viele Grüße aus Hessen