Deutsche Romantikorgel mit durchschlagende Zungenregister

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    Ich schau mir die Disposition an

  • Ich persönlich finde sehr oft, dass die Bezeichnungen an der Orgel oft wenig mit dem Soloinstrument gemeinsam haben. Eine Oboe oder ein Fagott klingt an der Orgel überhaupt nicht so wie das echte Instrument. Beim Fagott (was ich meistens im Pedal nur kenne) höre ich persönlich meist eher schon eine große Ähnlichkeit zur Posaune. Aber auch bei der Posaune kenne ich nur wenige Orgeln wo eine wirklich schöne Posaune verbaut ist. Am besten klingen wie ich finde Holzposaunen, die aus Metall sind mäh in meinen Ohren :)

    Allgemein empfinde ich viele Register bei romantischen Orgeln eher schwierig. Ich mag nicht so sehr diese verwaschene sondern mag es direkter. Aber das ist wohl Geschmackssache.

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    stimmt, die Tonerzeugung der Originalinstrumente ist ja auch völlig anders. Im Orgelbau versucht man nur den Formant

    ( z.B. näseln der Oboe) zu imitieren.

    Und, je weiter man von der Orgel entfernt sitzt umso mehr ähnelt der Klang dem imitieren Instrument.

    Ich bin auch mehr für klaren Klang. Das fördert die Durchsichtigkeit beim Spielen.

  • Ich bin auch mehr für klaren Klang. Das fördert die Durchsichtigkeit beim Spielen.

    Ich würde schon fast die Unterstellung machen, dass romantische Orgeln vor allem deshalb so beliebt sind/waren, weil sie sehr Tolerant sind. Der Zuhörer hört wegen der allgemeinen Schwammigkeit und dem verschwimmen der Töne nicht, wenn der Orgelspieler ungenau spielt. Bei einer direkten Ansprache hingegen hört man jeden Fehler oder Ungenauigkeit. Vielleicht war es aber auch weniger dem Spieler geschuldet, sondern der Technik die damals vermutlich nicht so präzise war wie heute. Aber ich gestehe auch das eine oder andere mal froh darüber zu sein. Du machst einen perfekten Vortrag und beim Schlussakkord greifst du daneben, der absolute Worstcase, der 30 Minuten perfektes Spiel zunichte macht. In der Marktkirche mit Gewölbedecke und großer Registrierung fällt es zum Glück dem normalen Zuhörer nicht auf das da was falsch war :)

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    Naja - ich würde eher sagen, Hauptziel im romantischen Orgelbau war es, ein ganzes Orchester zu imitieren. Das ist dann mehr oder weniger gut gelungen. Keine einfache Aufgabe für Pfeifenbauer.

    Nachdem ich ja auch das Sampleset der mächtigen Walcker Orgel in Doesburg schon lange besitze, wollte ich nun wissen, wie es dort eigentlich mit durchschlagenden Zungen bestellt ist. Auf der Walcker Webseite habe ich Dokumente gefunden, in denen die Clarinette 8' als durchschlagende Zunge genannt wird:

    https://walcker.com/opus/1000_1999/1855-doesburg.html

    Ob es sich bei den übrigen Lingualregistern deswegen im Umkehrschluss ausnahmslos um aufschlagende Zungen handelt, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Weiß da vielleicht jemand mehr?

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    Die Orgel orchestral zu disponieren war ein Trend der Zeit.

    Die Orgeln wurden zunehmend sehr weit mensuriert und hatten nicht mehr den sachlichen Charakter der Barockinstrumente.

    Im angestrebten weichen Orchesterklang passen aufschlagende Zungen vom scharfen und präzisen Ton nicht hinein. Sie würden zu aggressiv aus dem Gesamtklang herausstellen. Etwa wie es einige Spanische Trompeten (wo es gewollt disponiert und intoniert wird) tun.

    Bei einigen dieser orchestralen Instrumente wurde der Klang dann etwas zu "charmant" intoniert.

    Darauf Barockmusik zu spielen war schon gewöhnungsbedürftig und entsprach nicht mehr so richtig dem barocken Charakter.

    C. Coll verabschiedete sich von durchschlagenden Zungen und hat mit entsprechenden Mensurierungen und aufschlagenden Zungen den orchestralen Klang grandios ausgebaut ( geht also auch mit aufschlagenden Zungen)

    Das Spiel auf diesen Instrumenten ist anders.

    Man übe mal eine Bachfuge darauf. Klingt bei entsprechender Registrierung ganz anständig. Wenn man sie dann kann setze man sich an eine mechanische Barockorgel und spiel die Fuge. Schludereien, die an der romantischen Orgel untergegangen sind werden einem schonungslos um die Ohren gehauen

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    Wie unterschiedlich Register im Raum wahrgenommen werden ist vielleicht an einem extremen Beispiel verständlich:

    In einer großen Kirche steht das Fernwerk im Dachboden, dessen Klang über einen langen Schallkanal in die Mitte der Kirche geleitet wurde.

    Eine Vox Humana war disponiert. Im Kirchenraum klang es wie eine zarte Sopranstimme.

    Im Fernwerk brüllte das Register wie eine überstarke Tuba