Mikrotraktur - Mechanische Traktur zuhause

  • Liebe Forianer,

    hier mein Versuch, Euch meine Idee (in meinem Spieltisch umgesetzt) vorzustellen.

    Ausgangspunkt war der Wunsch das Spielgefühl einer großen Orgel mit mechanischer Traktur zuhause zu simulieren.

    Aus meinen Gesprächen mit Orgelbauern ergab sich für mich, daß ein gewisser Leergang durchaus üblich ist, um Heuler im Jahresverlauf zu vermeiden.

    Also ergaben sich fogende Kriterien für die Umsetzung:

    - Leergang (1-2mm)

    - Bleigewichte an den Tasten

    - Ventilfedersimulation

    - Druckpunktsimulation

    Als Ausgangsmaterial hatte ich ja schon Wippentastaturen (aus dem Osnarbrücker Dom), hier ein Eindruck:

    20150320_172155_n.jpg

    Warum also nicht auch eine echte Traktur verwenden? Muß ja nicht besonders lang sein -> Mikrotraktur...

    Zunächst habe ich das Manual III bearbeitet, mit der Idee, hier eine feste Simulation einzubauen, auch um Erfahrungen zu sammeln und dann Manual I und II mit veränderbaren Widerständen auszurüsten.
    Hier seht ihr nun einen Längschnitt durch eine Taste des Manual III, hinterer Teil in Ruheposition.

    Manual_3.JPG

    Die Materialien finden sich hier:

    Legende.jpg

    Als Traktur (Mikrotraktur) verwendete ich eine einfache Stahlniete, welche oben angebohrt ist, um eine Schenkelfeder aufzunehmen.

    Wie ihr (hoffentlich) erkennen könnt, steht die Niete auf einem Filzscheibchen unter dem sich ein starker Magnet befindet, der wiederum auf einem Stahlprofil ruht (die originale Stahlschiene, welche über den Druckstoff die Ruheposition der Tasten definiert.). Papierscheibchen dienen zur Justage der Kräfte.

    Die Taste kann sich, nur durch das Bleigewicht behindert, frei bis zum Anschlag der Niete bewegen (die Niete läuft durch eine Bohrung im hinteren Tastenende... (so mühsam zu beschreiben, so leicht zu verstehen, wenn man es vor sich hat... ;)) - Leergang bis zum Spannen der Traktur...

    Will man die Taste weiter herunterdrücken, muß die Taste die Niete anheben, sich aus der Anziehung des Magneten befreien und gleichzeitig die Feder stauchen. So wird Druckpunkt und Ventilfeder simuliert.

    Um ein Ansteigen des Druckpunktes von den Hohen zu den Tiefen Tönen zu realisieren, habe ich Papier verwendet - eine feste Anzahl von Papierscheibchen oberhalb und unterhalb des Magneten verteilt.

    Hohe Töne: mehr Scheibchen zwischen Magnet und Niete

    Tiefe Töne: mehr Scheibchen zwischen Stahlschien Magnet

    So bleibt die Gesamtdicke gleich und ich muß die Länge der Nieten nicht anpassen....

    20150315_194848.jpg

    Im nächsten Teil geht es mit Manual I und II weiter, dort sind dann Feder- und Magnetkräfte stufenlos im Spielbetrieb veränderbar...

    Wenn was unklar geblieben ist, gerne Fragen.

    Soweit von hier, liebe Grüße an alle und wie immer ein großes Dankeschön an Mike für dieses tolle Forum!

    Ulrich

    PS:

    Hier noch eine Variante für Pedal, fühlt sich prima an:

    20160131_155456 (720x1280).jpg

    20160131_203022 (720x1280).jpg

    • Offizieller Beitrag

    Eine tolle Sache, wo ich natürlich wieder mal nicht umhin komme, blöde Ideen beizusteuern. :)

    1. Druckpunkt schön und gut - aber nicht jede Orgel hat einen. Optimal fände ich halt eine veränderbare Kraft des Druckpunktes, idealerweise stufenlos, oder praktikabler vielleicht in drei Stufen, Null, Halb, Voll. Realisierbar wäre das, indem die Führung der Druckpunktmagnete hinten an der Auflageleiste beweglich gemacht wird. Stellt es euch vor, wie die Schleife einer Schleiflade, die auf der Auflageleiste liegt und in den Bohrungen die einzelnen Magnete beherbergt. Diese Schleife kann dann mitsamt den Magneten in drei verschiedene Positionen geschoben werden. Jeweils starker Magnet, schwacher Magnet oder kein Magnet. Dadurch wäre auch gleich der Effekt einer Magnetkoppel integriert.

    2. Fände ich es optimal praktikabel und vielleicht auch in gewisser Weise vermarktbar, wenn man nicht jedesmal einen aufwändigen Umbau für so ein Projekt mit echten Orgelklaviaturen stemmen müsste. Meine Walcker Multiplex-Orgel z. B. hat sogenannte "Kontaktmaschinen" für Manuale und Pedal. Das sind Kästen (Black Boxes wenn man so will) die sämtliche Kontakte enthalten und die einfach über ganz kurze Drahtabstrakten oder Stecher mit beliebigen Manual- bzw. Pedalklaviaturen aus dem standardisierten Orgelbau verbunden werden.
    Diese "Kontaktmaschinen" könnten dann auch in Kleinserien hergestellt werden, sodass Interessierte mit weniger umfangreichem handwerklichen Geschick, sich mit beliebigen neuen oder alten Klaviaturen vom Orgelbauer so eine Lösung realisieren können.

    Das heißt also: Jegliche Bleigewichte, Federn, Magnete, Hallsensoren, Midi-Elektronik (und zukünftige Hirnauswürfe ;) ) kommen in diese Black Box. Vorne dran Hebel für die Abstrakten zu den Tasten und hinten Stromanschluss und Midi. Zwar keine Lösung für kompakte Keyboards, aber in einen ordentlichen Spieltisch passt das rein. Es muss dann nicht mehr aufwändig jede Klaviatur einzeln präpariert werden! Diese Idee ist ja auch nicht grundsätzlich neu und wurde früher auch häufig in Sakralorgeln so umgesetzt. Neu wäre der Inhalt.

    Gruß Michael