Mixturen intonieren - real/virtuell

  • Da diese nicht wie bei der Barockorgel den schönen zeichnenden Klang ergänzen müssen sie diesen in romantischen Orgeln fast allein herstellen.

    Genau das ist mein Problem mit der Mixtur. Wir haben hier nur romantische Orgeln, da unser Orgelbauer (Friedrich Erdmann Petersilie) die romantischen Orgeln quasi erfunden hat. Wir haben also klanglich mit die ersten Versuche auf diesem Gebiet. Die Mixturen sind hier einfach nur schrill und laut und subjektiv gefällt mir der Klang davon auch nicht. Die einzige Ausnahme wo ich die Mixtur nehme ich wirklich bei einem Tutti. Zusammen mit dem 32" Bombard und der 16" Posaune (Holzposaune) setzt die schrille Mixtur oben noch das letzte bisschen drauf was fehlt. Da stimmt es dann. Aber mit kleinerer Registrierung sind unsere Mixturen einfach schrill und unschön. Da bevorzuge ich lieber den Flautino 2' der einen schönen runden klang hat nach oben.

    Eine Orgel in einer kleinen Gemeinde ist da aber extrem schlimm. Es ist eine kleine Orgel mit 56 Tönen auf dem Manual, bei 3 Register und einem festen Subbass im Pedal ohne Koppel. Der Subbass ist sehr leise. Der 8" Prinzipal sehr schrill, die Oktave noch einmal schriller und wenn einem dann die Ohren noch nicht Pfeifen, dann sorgt die Mixtur dafür dass sie es tun... Alles unterhalb vom Sopran ist damit nicht mehr hörbar... Wer so was baut muss die Gläubigen doch hassen... :)

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    • Offizieller Beitrag

    Mixturen intonieren - real

    Es macht keinen Sinn, zum Intonieren der Mixtur Pfeifen zu entfernen, die nicht ansprechen sollen, damit nur die eine, gerade zu bearbeitende Pfeife klingt. Jede Pfeife eines Mixturtons hängt über eine Verführung direkt am Luftstrom des selben, zugehörigen Tonventils. Werden nun die Pfeifen des Mixturtons bis auf eine entfernt, so hat diese völlig andere Windverhältnisse, als wenn die übrigen Pfeifen des Tons mit auf dem Pfeifenstock stehen. Es geht an den fehlenden Pfeifen zu viel Wind verloren und der Winddruck für die übriggebliebene Pfeife ist in dem Fall geringer. Kommen dann die übrigen Pfeifen wieder auf den Stock, so klingt die gerade intonierte Pfeife völlig anders.

    Ebenso macht es auch keinen großen Sinn, die Aufschnitte zwischen Kernspalt und Labium mit Papier oder sonstigem vollzustopfen um das Klingen von Pfeifen zu unterbinden. In dem Fall bewirkt dies eine Verengung des Luftstroms an den stillgelegten Pfeifen und die gerade zu intonierende Pfeife bekommt zu viel Wind ab. Auch hierbei klingt sie dann ganz anders, wenn die übrigen Pfeifen wieder von ihren Stopfen im Aufschnitt befreit werden.

    Ich habe mir zum Intonieren von Mixturen lange, dünne Stäbe gemacht, die von oben in die Pfeife eingeführt werden. Am unteren Ende jedes Stabs ist ein kleines Filzläppchen angebracht, mit dem verhindert wird, dass sich ein Pfeifenton entwickeln kann, wenn Wind durch den Kernspalt strömt. Das Filzläppchen ist möglichst so zu positionieren, dass der Windfluss am Kernspalt nicht gebremst wird.

    Um die kleinen und sehr empfindlichen Pfeifen zu intonieren, nehme ich nur die gerade zu intonierende Pfeife mit Samthandschuhen vom Pfeifenstock und halte sie in der Hand wie ein rohes Ei. Das Kulpen der im Pfeifenstock stehenden Pfeife mit dem Stimmhorn würde sie sonst am Pfeifenfuß und am Aufschnitt quetschen. Zum Kulpen des Fußlochs oder des oberen Pfeifenendes bringe ich mit dem Stimmhorn nicht kleine Schläge ein, sondern schwenke den Innenkonus des Stimmhorns mit leichtem Druck um das Pfeifenende herum. So wird das Material durch sanftes Kaltverformen gekulpt oder mit dem Außenkonus ggf. wieder erweitert.

    Nachdem die Pfeife dann wieder auf dem Pfeifenstock steht, muss man geraume Zeit abwarten, da durch die erhöhte Temperatur der Hand die Pfeife jetzt erwärmt ist und damit andere Eigenschaften hat. So taste ich mich dann sukzessive Pfeife für Pfeife und Ton für Ton an den optimalen Mixturklang heran. Immer nur in winzigsten Schritten. Das dauert dann entsprechend lange.


    Mixturen intonieren - virtuell

    Die Regel bei Samplesets sind Mixturtöne, deren Pfeifen miteinander gesampelt wurden. Kaum ein Sethersteller wird sich an den Mixturen der realen Orgel zu schaffen machen dürfen, um Mixturpfeifen einzeln aufzunehmen. Insofern lassen sich gesampelte Mixturklänge nicht mehr in Töne von Einzelpfeifen zerlegen und somit auch nicht einzeln intonieren und stimmen. Lediglich die gesampelte Summe des Mixturtons kann noch im Pegel angepasst werden, oder ggf. - wie bei Hauptwerk - das Spektrum durch Klangfilter beeinflusst werden.

    Konsequenz aus diesem Sachverhalt ist, dass sich Samplesets die Mixtursamples beinhalten, eigentlich gar nicht in der Tonhöhe oder der Stimmtemperatur verändern lassen. Tut man das trotzdem, braucht man sich nicht über unschöne Mixturen wundern. Eine umgepitchte Mixtur wird nie mehr richtig zum gepitchten Klang der übrigen Pfeifen passen und immer mehr oder weniger schrill klingen.

    Aus diesem Grund verwende ich persönlich bei allen Samplesets immer nur die original Stimmtonhöhe und Stimmtemperatur. Es sind schon genügend Fehlerquellen, die beim Samplen und Weiterverarbeiten durch den Sethersteller einfließen - da muss ich das Endergebnis nicht noch weiter durch Umstimmen verschlechtern.


    Akustik des Abhörraums

    Die Akustik des Abhörraums überlagert sich bei Wiedergabe von Tonkonserven bzw. Samples grundsätzlich mit der Akustik, die natürlicherweise bei der Aufnahme vorhanden war. Das ist grundsätzlich schlecht, weil es den Klang sehr verfälscht, und es gibt auch keinen idealen Abhörraum, der diese negativen Einflüsse nicht hätte. Auch durch das "Optimieren" des Hörraums mit Schallelementen wie z. B. im Tonstudio entsteht kein "optimaler" Abhörraum. Es lassen sich bestenfalls die negativen Einflüsse mehr oder weniger weit verringern, aber nicht gänzlich unterbinden.

    Auch die "Optimierung" mittels Equalizern und sonstigen zum Teil automatisch stattfindenden Klangverbiegungen sind nur unzureichende Krücken. Ebnet man mit Hard- oder Softwarefiltern den Frequenzgang des Abhörraums in der Amplitude um Raummoden usw. auszugleichen, so haben diese Filter leider sehr ungünstigen Einfluss am anderen Ende des Klanggeschehens und verschlechtern im Gegenzug das Phasenverhalten und das Impulsverhalten im Übertragungsweg.

    Wer Wert auf möglichst wenig zusätzliche Klangverfälschung legt, dem bleibt leider nur der Griff zum guten Kopfhörer. Hier werden die Tonsignale mit minimalsten Einflüssen direkt an die Trommelfelle weitergeleitet. In Näherung zum Kopfhörer können gute Nahfeldmonitor-Lautsprecher sehr nah vor den Ohren und auf diese ausgerichtet platziert werden. Hier macht der Raum zwar auch einen Einfluss, aber der Raumeinfluss ist im Vergleich zum Schallsignal, das direkt die Ohren erreicht, noch relativ gering.

  • Beim stimmen einer Mixtur sollte man in zwei Schritten vorgehen nach meiner Erfahrung. Wenn ein Ton wirklich ganz falsch ist, dann kann man mit einem Tuch die anderen abdecken um dann nach der Referenz zu stimmen. Wenn man das gemacht hat, dann muss man sie gemeinsam stimmen. Pfeifen anfassen oder gar herausnehmen ist ganz schlecht. Und irgendwas reinstecken ist eine ganz dumme Idee... Zum einen können Sie beschädigt werden, zum anderen ändert sich der Klang wenn sich die Pfeife bewegt hat. Zusätzlich ist Schweiß und Feuchtigkeit sowie Fett an den Händen nicht gut für das Metall.

    Dazu kommt noch dass die Pfeifen in der Regel nur durch Veränderung des Materials gestimmt werden können und die Anzahl der Versuche ist endlich und am Ende ist die Pfeife kaputt und oder nicht mehr zu stimmen.

    Und als ob das nicht genug wäre, eine Mixtur zu stimmen ist wohl das komplexeste Thema an einer Orgel. Ein Laie wird da wohl mehr falsch als richtig machen. Daher mein dringender Ratschlag: Der Fachmann sollte das machen! Das gilt übrigens für alle Pfeifen die sich nicht ohne Veränderung des Materials stimmen lassen. Bei einer gedeckten Pfeife oder Zungenstimme kann man nicht viel kaputt machen, sofern man aufpasst. Natürlich kann ein Deckel abbrechen nach einer Zeit oder je nach Ausführung in die Pfeife fallen, aber das kann man beheben. Eine gebrochene Pfeife kann man nur ersetzen.

    Das gilt übrigens auch für Schweberegister. Da hat der Laie auch nichts dran zu suchen. Wobei das eigentlich für alles in der Orgel gilt. Ich kenne viele Instrumente für von Laien kaputt repariert wurden... Ich selbst habe einige Jahre bei einem Orgelbauer geholfen und auch Orgel intoniert. Daher kann ich vieles bei uns machen. Aber ich weiß auch wo ich die Finger von lassen sollte. Dann muss die Werkstatt eben mal bezahlt werden. Immer noch billiger als wenn es bei mir schief geht.

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    • Offizieller Beitrag

    Beim stimmen einer Mixtur sollte man in zwei Schritten vorgehen nach meiner Erfahrung.

    Es geht hier im Thema ja nicht ums Stimmen von Mixturen, sondern ums Intonieren, was die Stimmung beinhaltet. Eigentlich muss eine auf Länge geschnittene kleine Zinnpfeife nie wieder gestimmt werden. Was sollte sich auch an ihr verändern, dass sie die Stimmung verliert? Infrage kommt nur Verschmutzung oder Verformung bzw. Beschädigung und in beiden Fällen ist das Sache vom Orgelbauer und Intonateur und nicht vom Organisten. Größere Pfeifen mit Stimmrolle lassen sich gefahrloser nachstimmen, aber auch das sollte nicht nötig sein.


    Abgesehen davon gibt es keine 100% gestimmten Pfeifen. Schon kurze Zeit nach dem Stimmen liegt jede Pfeife wieder ein paar Promille daneben, sodass auch eine Mixtur zu jedem Zeitpunkt je nach Temperatur und Luftfeuchte wieder leicht anders klingt. Das ist aber kein Grund etwas an der Stimmung der Pfeifen zu korrigieren. Ein Sample ist eben immer nur eine Momentaufnahme einer Pfeife.

    Wenn ein Ton wirklich ganz falsch ist, dann kann man mit einem Tuch die anderen abdecken um dann nach der Referenz zu stimmen.

    Das verhindert kaum, dass sich an den Labien der abgedeckten Pfeifen Geräusche entwickeln, die die Intonation stören. Wenn eine Pfeife plötzlich so daneben liegt, dann liegt es eher an einer Verschmutzung, die zu beseitigen ist.

  • Es ist sehr interessant was man hier alles über Mixturen lesen kann. Vom Pfeife beim Stimmen entfernen bis nie stimmen müssen. Ich kann Euch versichern, im reellen Leben gibt es alles. Es gibt verstimmte Mixturen, es gibt Orgel, die seit 50 Jahre nicht gereinigt und gestimmt wurden, es gibt Fachleute, die eine Mixtur hervorragend intonieren und stimmen und es gibt ebensolche, denen es trotz Meisterbrief regelmäßig nicht gelingt. Es gibt Fachkräfte und Fachkräftemangel und es gibt auch Organisten, die auch Labialregister und auch Mixturen hervorragend stimmen können während andere nicht mal eine Trompete halbwegs sauber bekommen. Was es aber nicht gibt, das ist ein "Du musst es IMMER so machen". Orgel sind so unterschiedlich, und etwas was bei einer Orgel funktioniert, geht beim nächsten nicht. Insbesondere bei Mixturen ist es oft so, dass man immer wieder einen Weg suchen muss, wie man einzelne Pfeifen alleine hören und stimmen kann. Es gibt Fälle, wo sogar das Entfernen der kleineren Pfeifen ohne große Nachteile möglich ist und es gibt andere Orgeln, wo das überhaupt nicht funktioniert und man sich mit Stäbchen, Filzstreifen, etc. Abhilfe suchen muss. Und es gibt (eher kleine) Mixturen, wo man einzelne Pfeifen stimmen kann ohne dass die anderen verstummen müssen. Guter Ratschlag gibt es nur einer: Haltet Eure Ohren und Augen offen.