• Guten Morgen!

    Harmoniums sind bekanntermaßen ziemlich stimmstabil, aber eben nicht absolut.

    So ca. aller 25 Jahre, je nach Standort, ist ein Nachstimmen gefragt.

    Da aber ein solches meistens unterbleibt, sind die derzeit angebotenen Harmoniums in der Regel vor 50 - 100 Jahren das letzte mal gestimmt worden und damit entsprechend schräg im Klang.

    Harmonium-Stimmer sind selten, daher ist das Vorurteil weit verbreitet, Harmoniums würden scheußlich klingen...

    Daher hier ein Thema: Wie stimmt man ein Harmonium?

    als Einleitung stellt ich meine Methode vor, schön wäre es, wenn Ihr eure Methoden, oder andere bekannte Methoden hier zusammentragen könntet.

    Danke.:)

  • Dann nehme ich einen Streifen gutes Nass-Schleifpapier, Körnung ca. 220, und schleife dort ab, wo es nötig ist.

    Hier werden gerade alle Zungen höher gestimmt, daher schleife ich an der Spitze.

    Jedes stimmen ist mit Materialabtrag verbunden, deshalb: Langsam rantasten!

    Für jede Zunge nehme ich eine neue Stelle auf dem Schleifpapier, insgesamt verbrauche ich einen Bogen A4 Schleifmittel per Harmonium.

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  • Woher weis ich überhaupt, wohin ich stimmen will?

    Dafür habe ich gemessen, und die Werte in eine Tabelle eingetragen.

    Oben steht die Registerbezeichnung, hier 4', links stehen die Tonhöhen, das ganze Register wird in einem Zug durchgemessen, dann wird geschliffen, anschließend wieder gemessen und die neuen Werte hinter einem Strich eingetragen, wieder geschliffen usw.

    Nach ca. 3 bis 6 Durchgängen stimmt das Register, die letzten Durchgänge betreffen nur noch einzelne Töne.

    An diesem 4' habe ich ca. 6 Stunden gearbeitet, manche Register stimmen schon weit eher.

    Harmoniumzungen geben einen ziemlich komplizierten Ton ab, da ist mein Stimmgerät ab c4 überfordert. Dafür hat dort das Smartphone mit Stimmapp seine Stärken oder ich messe mit meinen Ohren nach der Stimmpfeifen-Funktion des Stimmgerätes.

    Die Einheit der Messwerte in der Tabelle ist übrigens Cent, also 0,01 Halbton.

    Wie Ihr seht, sind die meisten Töne bei der Zweiten Messung besser, einzelne aber auch schlechter geworden. Das liegt entweder an Mess- oder Schleiffehlern... Mehr als ein Register am Tag schaffe ich nicht, dann lässt die Aufmerksamkeit zu stark nach.

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  • Zum Abschluss eine Reihe frisch gestimmter Harmoniumzungen.

    Ihr seht, das ich tendenziell nach oben abgeglichen habe, aber die beiden ersten Zungen im Vordergrund habe ich auch an der Wurzel geschliffen, also den Ton nach unten korrigiert. Nach unten Stimmen geht übrigens viel schneller als nach oben, also Vorsicht!

    Jetzt bin ich gespannt auf Eure Beiträge.


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  • Man sollte immer die Stimmtonhöhe abnehmen wenn man mit Stimmgeräten arbeitet (z.B. heutiger Kammerton a 440 Hz bei 18°C) und überprüfen welche Stimmung vorliegt damit man nicht viel Stimmen muss.

    Eine weitere Möglichkeit ist es nach gehör zu Stimmen, das habe ich bei meinem ehemaligem Pedal-Harmonium gemacht es waren auch nur einzelne Zungen bei zu Stimmen, die Zungen konnte man rausziehen. Durchschlagende Zungen habe ich immer mit einer kleinen feinen Feile (Feinmechanikerfeile) gestimmt. Für das ganze Harmonium habe ich damals ca. 1 - 4 Std gebraucht das weiß ich leider nicht mehr. Und wenn man natürlich keine Ahnung hat ist es immer ratsam einen Orgelbauer zu fragen für die Stimmung.

  • Ich habe schon dutzende Harmonien gestimmt. Es ist recht amüsant, die Zungen stimme ich ohne Probleme. Oft passt es nach dem ersten Versuch schon, da man es einfach im Gefühlt hat. Eine Orgelpfeife schaffe ich aber irgendwie nie gut zu stimmen :)

    Zum Stimmen nutze ich eine kleine Diamantfeile. Aber da hat jeder seine Vorlieben. Diverse Schaber habe ich auch, aber die nutze ich nicht so gerne, da sie nicht ungefährlich sind. Meiner Erfahrung nach reicht es bei einem gepflegten Instrument nur die schiefen Töne zu stimmen. Was mir sehr oft begegnet sind Instrumente mit falschen Zungen. Bedeutet ein Instrument welches auf 440 Hz gestimmt ist hat eine Zunge die auf 432 Hz gestimmt ist. Mich wundert es immer wieder, dass so etwas einfach ignoriert wird, es klingt doch schrecklich...

    Wenn ich wirklich ein ganzes Register stimmen muss, dann fange ich mit dem Kammerton an und stimme dann eigentlich nach dem Gehör Quinten. Nachkontrolle mit dem Stimmgerät mache ich dann natürlich auch noch. Wobei der Klang der Quinten für mich wichtiger ist als ein oder zwei Herz auf dem Stimmgerät. Natürlich würde ich es keinem Anfänger empfehlen, da man die anderen Register auch im Blick haben muss. Blöd wenn ein Register perfekt ist, aber nicht mehr mit den anderen zusammen spielbar ist.

    Eine Hölle ist für mich immer wieder ein Schweberegister. Wenn ein Register pro Ton zwei Zungen hat, dann ist es nur grausam. Wenn dieses Register aber nur etwas verstimmt ist zu den anderen Registern, dann wird es zum Alptraum.

    Zusammenfassend dauert das stimmen bei mir je nach Harmonium wenige Stunden bis zu mehreren Tage. Und dann gibt es immer diese eine Zunge die überhaupt nicht will... Einmal drüber schlafen und plötzlich beim ersten Versuch :)

    BTW Das stimmen üben sollte man mit alten Zungen. In diesem Kontext empfehle ich auch diese Lektüre https://harmonium.gdo.de/fileadmin/ak_h…umreparatur.pdf

    Melodeum.de - Wissenswertes zu Harmonium