GO nimmt keine Akkorde aus MIDI-Gerät an

  • Liebe Orgel-Experten,

    dieses Forum ist mir von einem Freund empfohlen worden, um für folgendes Problem nach Hilfe zu fragen:

    Es ist ein Problem mit der Interpretation der MIDI-Signale in GO.

    Unter Windows 7 Home Premium (64 bit) SP 1 habe ich GO installiert. Als habe ich zuerst "Orgel burea_gravkapell.organ" probiert.

    Input-Gerät ist ein altes Keyboard (Bontempi PM 746), angeschlossen über ein MIDI/USB-Interface. Das Interface wird in Windows als "USB 2.0-MIDI" erkannt und läßt sich in GO als MIDI-Eingabegerät auswählen (hierzu mußte ich zunächst die Medion-Webcam deinstallieren).

    GO empfängt Signale des Keyboards, allerdings nur, wenn eine Taste einzeln gedrückt wird. Sobald ich eine zweite Taste gleichzeitig drücke (einen Akkord), bleibt die zuerst gedrückte Taste in GO hängen und löst sich erst, wenn ich sie ein zweites Mal drücke. Ich kann GO also über das Keyboard nicht korrekt spielen.

    Ich habe verschiedene Ansätze zur Eingrenzung des Problems ausprobiert, aber erfolglos. Die Zuordnung des Signals zu einem Manual (per Rechtsklick und "Warte auf Ereignis") bestätigt das Eingabegerät und den Kanal (5), ändert aber nichts an der Fehlinterpretation der MIDI-Signale.

    Um einen Fehler am Interface oder Keyboard zu prüfen, habe ich die Demoversion von "TruePianos" installiert: Dieses Programm gibt die Akkorde auf Anhieb richtig wieder. Das gleiche gilt für MIDI-Ox, wo ich auch die Rohdaten der MIDI-Signale verfolgen konnte, die nach meinem (ungeübten) Eindruck keine Auffälligkeiten zeigen.

    Ich habe versucht, über die "initiale MIDI-Konfiguration" etwas zu ändern, aber ohne Erfolg. Dann habe ich GO zwischendurch deinstalliert und neu installiert, ohne Erfolg. Ich habe eine andere Orgel installiert und ausprobiert (WalckerWildervank.organ), der Fehler bleibt unverändert.

    Wenn ich die auf dem Bildschirm abgebildete Tastatur mit der Maus betätige, läßt ein Mausklick die Taste ebenfalls einrasten, erst ein zweiter Mausklick löst sie wieder. Ob das normal ist, weiß ich nicht. Orgelspielen mit der Maus ist ja nicht der eigentliche Ernstfall.

    Was kann ich noch versuchen?

    Ich freue mich über Hilfe und bin dafür sehr dankbar.

    Michael Germann.

  • So ein Verhalten ist neu für mich. Das Verhalten spricht dafür, das im MIDI-Signal vom Keyboard etwas anders ist.

    Wäre es möglich einen Dump der MIDI Daten zu bekommen?

    Ich nehme an, das du ein 64Bit GO verwendest. Kannst du auch einmal ein 32 Bit GO probieren?

  • Vielen Dank für die schnelle Reaktion!

    Ob ich die 32- oder die 64-bit-Version von GO verwende, erkenne ich nicht in der "über..."-Meldung, aber die Installationsdatei von GO heißt

    Code
    GrandOrgue-0.3.1.1289-win32.exe

    . Daraus schließe ich, daß ich schon die 32-bit-Version verwende.

    Hier ein Log der MIDI-Daten, in denen erst eine Taste allein, dann zwei Tasten gemeinsam gedrückt und dann getrennt und gemeinsam wieder losgelassen werden:

    Kann man daran vielleicht schon erkennen, wenn etwas nicht stimmt?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo lieber Michael Germann,

    es freut uns, dass Du den Weg in unser Forum gefunden hast - wir grüßen Dich.

    Der MIDI-Dump zeigt das, was ich beim ersten Lesen Deiner Anfrage schon vermutet hatte. Es kommt von manchen Noten kein Note-Off Befehl herein. GrandOrgue macht in dem Fall eben genau das, wofür es auch Befehle erhält, es lässt den Ton eben an.

    Eine recht ausführliche Beschreibung von MIDI und dessen Datenformat findet man unter anderem in Wikipedia:

    siehe hier

    Betrachten wir mal folgende Zeile aus dem Dump:

    0004A1E8 1 -- 94 45 64 5 A 4 Note On

    Relevant sind im wesentlichen die drei Ziffernfolgen 94 45 64.

    Dabei bedeuten:
    94: Die 9 für Note-On, 8 wäre für Note-Off, die 4 für den Midikanal (0-15 entspricht Kanal 1-16) also Kanal 5
    45: Der Wert der gespielten Note, in dem Fall ein A
    64: Der Velocity Wert, also die gespielte Lautstärke (0-127 entspricht 128 Stufen) also halbe Lautstärke

    Dieser Zeile müsste irgendwann eine Zeile folgen, die diesen Ton wieder ausschaltet:

    84 45 00

    Dieses Note-Off für diesen Ton kommt aber nicht - stattdessen folgt irgendwann wieder Note-On für den selben Ton !! Genau da liegt dann auch das Problem.

    Beim Test mit dem Piano-Programm funktioniert scheinbar alles, aber nur deshalb, weil der Pianoklang schon naturgemäß nach einer kurzen Zeit von selbst ausklingt, auch ohne ein explizites Note-Off.

    Theoretisch könnte auch das Midi-Adapter-Kabel solche Probleme verursachen und tatsächlich treten in der Praxis bei preiswerten Kabelinterfaces mitunter Fehlfunktionen auf.

    Viel wahrscheinlicher ist aber die Ursache im Keyboard selbst zu suchen. Die billigen Keyboards haben oft nur eine sehr mangelhafte MIDI-Implementierung, bei der es mitunter nur darum geht ein Verkaufsargument mehr für dieses Gerät zu haben.
    Möglicherweise kann man das Problem aber über eine geeignete Einstellung des Keyboards beseitigen. Es sollten auf jeden Fall sämtliche Begleitautomatiken, Keyboard-Splitpunkte, Akkord-Erkennungen usw. abgeschaltet sein. Außerdem ist zu prüfen, ob ggf. in einem Einstellungsmenü auch MIDI-Voreinstellungen geändert werden können. Dann wäre hier zunächst eine geeignete Auswahl zu treffen.

    Wenn möglich, dann vielleicht auch mal mit einem anderen Keyboard testen, ob es doch am Kabel-Interface liegen könnte.

    Gruß Michael


    P.S.: Dass beim Betätigen einer Klaviaturtaste am Bildschirm per Maus der Ton liegen bleibt ist normal und so gewollt. Ein Melodiespiel mit der Maus ist sowieso wenig sinnvoll, aber für Testzwecke kann es nützlich sein, Töne eingeschaltet zu lassen. Man kann diese Funktion aber sogar beim Spielen nutzen, indem man einen Orgelpunkt setzen kann ohne etwas zwischen die Taste klemmen zu müssen (z.B. Bleistift), oder wie früher üblich ein Bleigewicht darauf legen zu müssen.

  • ich hatte ähnliches. Trat zwar selten auf, aber manch tönchen wollte nicht stoppen oder ein ton startete erst gar nicht. Das USB Midi Interface war der Übeltäter samt seinem Treiber. Seit ich den Midiport der Soundkarte nutze ist das Problem vom Tisch.

  • Da kommen die MIDI Kanäle durcheinander:
    0004A1E8 1 -- 94 45 64 5 A 4 Note On
    0004A1E8 1 -- 90 48 64 1 C 5 Note On
    0004A5BF 1 -- 84 48 00 5 C 5 Note Off
    0004A5CE 1 -- 90 45 00 1 A 4 Note Off

    On kommt auf Kanal 5, Off auf Kanal 1 [bzw. umgekehrt].

    Wenn es nur der Treiber von MIDI Interface ist, müßte ein alternatives Betriebsystem auch abhilfe schaffen. Bei GO Live (vgl. Forum) sollten Standard-Treiber für die meisten USB-MIDI Geräte/Interfaces dabei sein.

  • Vielen Dank an alle für das freundliche Willkommen und die klaren und gründlichen Erläuterungen!

    Ich habe daraufhin bei den Nachbarn (nochmal) ein anderes Keyboard ausprobiert und von diesem Keyboard die erwarteten MIDI-Signale bekommen. Das Interface ist also in Ordnung, der Treiber auch, das Keyboard ist schuld, ganz wie von Mikelectric vermutet.

    Nun werde ich mich also einmal nach einem anderen Keyboard umsehen. An das Orgelspielen mit der Maus hatte ich in der Tat nicht gedacht...

    Nochmals herzlichen Dank und beste Grüße,

    Michael Germann.

  • Das hat funktioniert! Diese Auswahl „alle“ bei den Kanälen war ungefähr die einzige, die ich vorher nicht gesehen und ausprobiert hatte. Aber mit der Erkenntnis, daß das Keyboard die Kanäle durcheinanderbringt, ist diese Lösung glasklar und am Ende – wie so oft – doch ganz einfach.

    Nochmals ein ganz großes Dankeschön!

    Viele Grüße,

    Michael Germann.