Neue Orgel von Pipeloops - St. Antonius, Papenburg

    • Offizieller Beitrag

    Finde ich lustig, dass Du sagst, das eine ist Geschmackssache (korrekt), also wenden wir uns etwas anderem zu. Im nächsten Satz tust Du dann Deinen Geschmack bzgl. der anderen Sache kund.

    Genau deswegen bringe ich ja nachfolgend zum Ausdruck, dass auch die Optik Geschmacksache ist:

    Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. ;)

    In meinem Forum darf jeder seine Meinung kund tun - sogar der Administrator. ;)

    Ich schlage vor, wir lassen auch das beiseite,

    Eine Diskussion ist hier genau dann zu Ende, wenn alle Beteiligten ihre Meinung gesagt haben. Kommen neue Beteiligte hinzu, dann geht sie eben weiter.
    Unterschiedliche Meinungen muss man aushalten können, auch wenn es manchmal schmerzt.

    Außerdem sehe ich in diesem Faden noch jede Menge unbeantworteter Fragen.
    Bis hin zu: "ist diese Orgel nun romantisch, restromantisch, neoromantisch, neobarock oder modern und war sie das schon immer oder ist sie erst jetzt so geworden?". Dazu hat offensichtlich auch jeder eine andere Meinung.

    Die Stadt Gelsenkirchen betreibt eine Internetseite, aus der Du auch in der Beschreibung zum Sampleset zitierst: https://www.walcker-orgel-gelsenkirchen.de/
    Dort wird die Orgel als "einzigartig" beschrieben. Auffällig ist hier für mich aber besonders, dass zuvor verwendete Bilder über Personen aus der Walcker-Dynastie wieder entfernt werden mussten, weil Gerhard Walcker-Mayer offenbar die Nutzung dieser Bilder untersagt hat. Das lässt auf Diskrepanzen zwischen den Auffassungen der Beteiligten schließen. Ebenso einige Randbemerkungen über die Beteiligten, die hier im Forum bereits gefallen sind.

    Mir scheint, diese Orgel erhitzt allgemein die Gemüter und ist alleine deshalb schon spannend. 8)
    Für mich alles nochmal besonders interessant, da ich ja selbst eine Walcker Multiplex-Orgel aus dieser Zeitperiode zuhause habe, an der ich einiges der Bauweise der Walcker Orgeln selbst nachvollziehen kann. Auch dieser Orgeltypus war in Organistenkreisen schon immer sehr umstritten.

  • Außer ein paar missratene Pfeifen sind mir keine Artefakte bzgl. Rauschen aufgefallen. Ich glaube, hier wurde erstklassige Arbeit geleistet. Vielleicht war auch etwas Glück dabei, dass keine Nebeneräusche die Aufnahme störten.

    Vielen Dank für das Kompliment! Wie bereits angedeutet, ich bin in der Tat sehr stolz auf dieses Set!

    Was die Nebengeräusche angeht: Außer einem doch recht kräftigen Windrauschen von der Orgel (ist immer wieder erstaunlich, wo es da so überall zischt und rauscht) war es durchaus recht ruhig, Corona sei Dank! (Zur Zeit der Aufnahme war Ausgangssperre in Papenburg, so ruhig ist es dort an der Bundesstraße sonst nicht). Aber dennoch mussten etliche Töne wegen Störgeräuschen wiederholt werden. Da hat mir die moderne Technik der Orgel und ein wenig selbst entwickelte Solftware sehr geholfen. Die Orgel versteht nämlich ipMIDI, so dass ich mich nur in einen LAN-Port einstöpseln musste und meine Aufnahmen ganz bequem von einem Nebenraum aus steuern konnte. Da durfte ich mich dann auch mal bewegen oder räuspern, ohne das gleich auf der Aufnahme zu haben. Meine Software hat dann die Töne der Reihe nach angesteuert, gleichzeitig auf einer separaten MIDI-Spur die Schnittmarken aufgezeichnet, und mit einem separaten Mikro auf Störgeräusche gelauscht, um ggfs. zu pausieren, bis es wieder ruhig war und dann den letzten Ton zu wiederholen.

    Was die missratenen Pfeifen angeht: Da hat jede Orgel ab einer gewissen Größenordnung etliche von, und diese ist keine Ausnahme. An manchen Stellen ist es dann eben nicht eindeutig, ob man etwas nun austauschen soll oder nicht, und der eine entscheidet dann so und der andere so. Nichtsdestotrotz, wenn da Pfeifen bei sind, die gar nicht gehen, wäre ich der letzte der sich dagegen sträuben würde, sie auszutauschen. Da bitte ich dann einfach um eine Mail oder PM, welche Töne genau es sind und was genau daran nicht in Ordnung ist. Dann höre ich mir das noch einmal genau an und bewerte es noch einmal neu.

    Hier ist meine Version:

    Zur Oberfläche habe ich noch nichts gesagt. Die Panels sind allesamt gut lesbar :thumbup:

    Der Simple Screen nutzt den vorhandenen Platz fast aus, die Buttons hätten noch einen Tick größer sein können. Es ist aber alles gut lesbar. Die vertikale Staffelung von unten Pedal bis oben zum IV. Manual ist für eine Horizontaldarstellung super und für ein schnelles Kennenlernen des Sets sinnvoll.

    Auch hier Danke für das Kompliment! Ich bemühe mich eigentlich schon immer, neben einem "originalgetreuen" Abbild bedienfreundliche Panels zu erzeugen, denn man soll ja damit auch arbeiten können. DeinEntwurf gefällt mir übrigens auch recht gut, damit könnte ich mich auch anfreunden.

    Ich wünsche mir für Hauptwerk sowas wie einen "normierten" Simple Screen, der nach bestimmten Standardregeln gestaltet werden muss.

    Wenn es irgendjemandem gelingt, dafür weltweit einheitliche Designregeln aufzustellen, würde ich das sofort für meine Sets (zumindest für zukünftige) umsetzen. Aber ich halte das nicht für realistisch, Orgeln weltweit sind halt extrem unterschiedlich, was die Registeranorndung angeht.

    • Offizieller Beitrag

    Admin: Die Begrenzung auf 1 MB ist etwas mickrig - ich muss die Screenshots immer in das etwas unscharfe JPG umwandeln. Das Format ist ja eher für Fotos gedacht.

    Ich habe die Grenze allgemein auf 4 MB angehoben, in der Hoffnung, dass das jetzt nicht jedesmal ausgereizt wird und mir vorzeitig den Serverspeicher flutet.

  • Erstaunlich, was Walcker 1927 schon alles eingebaut hatte. :huh:

    Ich halte es mit der offiziellen Version, es ist immer noch eine Walcker! Und ob Du die elektropneumatischen Tachenladen nun mit einer SPS oder einem Haufen von Relais (Vermutung, wüsste aber nicht, was sie 1927 sonst hatten) ansteuerst, wird kaum einen großen Unterschied machen, oder?

  • Das ganze Konzept der Walcker Orgel ist unglaublich spannend, barocke Ansätze mit Taschenladen, also weder romantisch noch barock; eigentlich ist es sehr schade, dass diese Ästhetik relativ schnell von neobarocken Ansätzen verdrängt wurde.

    Was Walcker dann später in den 50ern und 60ern geliefert hat, ist leider qualitativ weit davon entfernt (Ulmer Münster zum Beispiel, Stiftskirche Stuttgart..)

    Auf dem "Hauptwerkmarkt" - wie auch in der Orgellandschaft generell - ist es jedenfalls ein singuläres Instrument mit Charakter und nicht nur einfach eine große Orgel.

    • Offizieller Beitrag

    Ich halte es mit der offiziellen Version, es ist immer noch eine Walcker!

    Offiziell ist es KEINE Walcker Orgel, da sich die Herstellerfirma Walcker davon distanziert, diese Orgel so zu nennen. Was andere Stellen sagen, ist für mich ohne Belang. Ohne dies vorher überhaupt gewusst zu haben, lag ich also mit meiner Einschätzung völlig richtig!

    Die Behauptung, man habe sich bei der Rekonstruktion so weit es nur irgendwie geht, an die Originalpläne gehalten, ist falsch. Man hat einen völlig anderen Spieltisch gebaut als er jemals bei dieser Orgel verwendet wurde. Man ist noch nicht mal davor zurückgeschreckt, diese Orgel mit modernster Internettechnologie auszustatten. Insofern hat man sich der Unglaubwürdigkeit preisgegeben. Es handelt sich offenbar um ein reines Prestigeprojekt und nicht um den Versuch einer möglichst originalgetreuen Rekonstruktion von 1927. Es ist somit auch keinesfalls nur eine "Orgelrenovierung" wie es mehrfach fälschlicherweise bezeichnet wird.

    Es ist mir nun auch klar, weshalb die Stadt Gelsenkirchen auf der Seite über diese Orgel die Walcker-Fotos entfernen musste.
    In diesem Beitrag auf der Seite von Walcker ist dann so ziemlich alles zum Thema "Seifert" Orgel gesagt:

    Momentan liefert die "NOZ" aus Papenburg regelmässig Begeisterungs-Fan-Artikel über die "Walcker"-Orgel in der St.Antonius-Kirche.

    Bei dieser Orgel, die aus dem Gelsenkircher Hans-Sachs-Haus stammt, einem Instrument das 1927 mit Holtschneider geplant und von Günther Ramin eingeweiht wurde, hatten wir eigentlich eine großartige Synthese aus Spätromantik und Orgelbewegung (Jahnn-Mahrenholz-Elsässische Bewegung). Also es handelte sich hierbei um eine klassische Konzertsaalorgel, die ganz vorzüglich und letztmalig von Laux mit den großen Liszt -Orgelstücken auf CD aufgenommen wurde. (auf rechter Spalte dieser Seite kann davon Praeludium und Fuge über B-A-C-H gehört werden)

    Das Verharren der Reporter und Kirchenverantwortlichen darauf, diese Orgel bedingungslos mit dem Attribut "Walcker" zu versehen, versteht man nur sehr begrenzt, denn die für die Neugestaltung zuständige Orgelbaufirma hat alles Mögliche dafür getan, um genau diesen "Walcker" aus der Orgel zu tilgen. Das soll lediglich die glasklaren Kategorien klarstellen und keine Bewertung dieser Orgel in Papenburg sein.


    Wohlgemerkt schmälert das nicht meine Meinung bezüglich der sicherlich hohen Qualität dieser Orgel oder des daraus gewonnenen Samplesets! Es rückt nur das Projekt in ein anderes Licht. Wenn ich einen Porsche-Aschenbecher in einen Opel einbaue, fahre ich dann eigentlich Porsche?

  • Mikelectric 10. Oktober 2021 um 14:31

    Hat den Titel des Themas von „Neue Orgel von Pipeloops - St. Antonius, Papenburg“ zu „Neue (Seifert-)Orgel von Pipeloops - St. Antonius, Papenburg“ geändert.
  • Nur ein paar kleinere Anmerkungen, und dann halte ich zu diesem Thema meine Klappe :)

    1) Der Streit mit Walcker, was auch immer ihn ausgelöst hat, stammt offensichtlich aus einer Zeit, als man noch davon ausging, die Orgel im Hans-Sachs Haus wieder aufzustellen. (Auf der Seite der Stadt Gelsenkirchen kann man lesen: "Mit Schreiben vom 2. September 2004" bzgl. des Entfernens der Bilder). Zu diesem Zeitpunkt war die Restaurierung in vollem Gange und noch lange nicht abgeschlossen, ein neuer Spieltisch in Planung (es wurde am Ende für Papenburg dann nochmal ein anderer Spieltisch entworfen und gebaut). (ganz ketzerischer Einwurf: Kann es sein, dass man bei Walcker einfach nur verärgert darüber war (und ist), dass der Auftrag zur Restaurierung NICHT an Walcker selbst gegangen ist? )

    2) Zur Zeit der erwähnten (übrigens hervorragenden!) CD Aufnahme mit Thorsten Laux war die Orgel auf jeden Fall weiter von ihrem Zustand in 1927 entfernt, als sie das heute ist! Hierzu trugen bei:

    a) Umbau auf Schleifladen, weil man das Geld nicht hatte, die Taschenladen ordentlich zu restaurieren (in den 80ern)

    b) Zusätzliche neo-barocke Register, die vor allem der veränderten Saalakustik Rechnung tragen sollten (die nach dem Krieg neu gebaute Saaldecke war offenbar weit vond er akustischen Qualität der ursprünglichen Konstruktion entfernt und schluckte sehr viel Klang)

    c) der in 1982? gebaute damals neue Spieltisch war dem ursprünglichen Spieltisch noch unähnlicher als der jetzige und sah bei weitem nicht so ansprechend aus

    Dann hätte Walcker sich damals in den 80ern bereits von der Orgel distanzieren müssen, aber diese Umbauten hat man ja noch selbst ausgeführt :)

    Nun ja, ich will mich da jetzt auch nicht weiter streiten, aber für mich ist die Orgel jetzt näher an ihrer ursprünglichen Auslegung, als sie das in den 80ern war.

    • Offizieller Beitrag

    Nun ja, ich will mich da jetzt auch nicht weiter streiten

    Ich betrachte das auch in keinster Weise als Streit! Du darfst mich bitte nicht missverstehen. Es ist kein Vorwurf gegen Dich persönlich und dass Du das Sampleset Walcker Orgel nennst, ist ja soweit in Ordnung, da diese Orgel vom Besitzer so bezeichnet wird. Der Name liegt demnach nicht ursächlich in Deiner Verantwortung als Samplesethersteller. Trotzdem möchte und werde ich diese Orgel hier vornehmlich als das bezeichnen was sie ist: Eine Seifert Orgel, bei deren Bau zahlreiche Pfeifen aus der ehemaligen Walcker Orgel des Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen wiederverwertet wurden.

    Mir ist bewusst, dass solche Aussagen bei etlichen Personen zu saurem Aufstoßen führen werden, aber dies ist ein unabhänginges Orgelforum und ich lege Wert darauf, dass man hier bei den Tatsachen bleibt und diese auch aussprechen darf.

    Nach den Umbauten in Gelsenkirchen durch die Firma Walcker war sie immer noch eine Walcker Orgel, wenngleich wahrscheinlich durch die Schleifladen und geänderte Disposition eine nicht mehr ganz so gute Walcker Orgel. Die Gelsenkirchener hätten sie ja von Walcker umbauen und intonieren lassen können, dann hätte sie den Namen wieder verdient gehabt. So hat man sich eben dazu entschieden, die Walcker Schleifladen und andere Teile nicht wieder zu verwenden. Man hat Seifert den Auftrag gegeben eine neue Orgel nach Plänen von Walcker und unter Verwendung von Walcker Pfeifen zu bauen.

    Sorry - aber dann ist es nun mal keine Walcker Orgel mehr, sondern eine Seifert Orgel. Das hätte man sich eben früher überlegen müssen. Man gönnte also Walcker nicht das Geld für den Umbau und will nun aber seinen klangvollen Namen weiter benutzen, damit der Rubel für die Gemeinde rollt. Der gute Herr Walcker hat womöglich noch gratis die Originalunterlagen zur Verfügung gestellt und geht dann leer aus. Also ich nenne so ein Vorgehen einfach schäbig und kann nur zu gut verstehen, warum es dadurch zu Diskrepanzen kam. Der Fehler wurde in Gelsenkirchen gemacht und wird nun in Papenburg vehement aufrecht erhalten. Schade. Dabei hat Seifert doch gar keinen so schlechten Namen, als dass man so einen Etikettenschwindel betreiben müsste.

    Das "Pech" dabei ist halt, dass die Firma Walcker noch existiert und sich zur Wehr setzt. Ein Herr Silbermann wird sich nicht mehr gegen den Missbrauch seines Namens wehren können und auch ein Herr Cavaillé-Coll würde sich bestimmt im Grabe drehen, was heute alles unter seinem Namen gehandelt wird.

  • Mikelectric 10. Oktober 2021 um 20:51

    Hat den Titel des Themas von „Neue (Seifert-)Orgel von Pipeloops - St. Antonius, Papenburg“ zu „Neue (Seifert-)Orgel (mit Walcker-Pfeifen) von Pipeloops - St. Antonius, Papenburg“ geändert.
  • Der gute Herr Walcker, der schon seit langer Zeit alles verteidigt, was Neobarock ist (kürzlich zum Beispiel eine entsetzliche Bornefeld Orgel) und alles verteidigt, wo Walcker draufsteht, dabei meines Wissens aber auch keine besonders großen Orgeln gebaut hat, ist für mich keine besondere Referenzquelle, und diesem nun noch alle möglichen Dinge zu unterstellen (hätte die Orgel renovieren können, hat bestimmt die Pläne zur Verfügung gestellt), finde ich sehr weit hergeholt und würde ich gerne auch mit Quellenangaben sehen. Ich glaube nicht, dass Walcker den Umbau überhaupt hätte machen können oder wollen (er scheint schon seit Jahren keine Orgel mehr gebaut zu haben) und muss Reiner ganz recht geben, dass Seifert eine Walcker Orgel restauriert hat und keine Seifert Orgel gebaut hat (zumal Seifert eine andere romantische Orgel davor renoviert hat, nämlich Kevelaer). Jede Orgel, deren Laden und Disposition in den ursprünglichen Zustand wieder überführt werden, wird unter dem Namen ihres Erbauers gelistet werden (man denke nur an die sogenannte CC in Notre-Dame), denke an die E. F. Walcker Orgeln in Schramberg und Neuhausen.. Ich finde es äußerst fragwürdig, den Namen gegen alle offiziellen Quellen zu ändern und halte nichts davon, ich finde es sogar äußerst merkwürdig, ausgerechnet mit dem aktuellen Walcker ins gleiche Horn zu stoßen und gleichzeitig nur von besten Vorsätzen von seiner Seite aus auszugehen.

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    @Waltharius Hast Du etwas an neobarocken Orgeln auszusetzen? Sie sind ein Zeugnis für einen bestimmten Zeitgeschmack und man wird eines Tages bereuen, viele von ihnen zerstört zu haben, wie man heute bereut, romantische Orgeln von den Emporen geworfen zu haben.

    Ob Gerhard Walcker-Mayer nun große Orgeln gebaut hat oder nicht, spielt doch gar keine Rolle. Er ist Vertreter seiner orgelbauenden Vorfahren und Inhaber der Nachfolgefirma. Damit hat er auch das Recht, über die Verwendung des Namens zu entscheiden. Das sollte man respektieren. Ob er die Orgel hätte renovieren können? Er hat bereits zahlreiche Walcker Orgeln in aller Herren Länder renoviert. Dass er offenbar Interesse gehabt hätte auch die Orgel in Gelsenkirchen zu "renovieren" schließe ich aus dem von ReinerS zuvor Gesagten. Immerhin liegt das nun schon wieder viele Jahre zurück, als er sicher noch aktiver war, und demnach lange vor Papenburg.

    Wer außer Gerhard Walcker-Mayer hätte denn Originalpläne zur Verfügung stellen sollen? Er verwaltet das gesamte Walcker-Archiv und stellt auf seiner Webseite mit sehr viel Akribie und Liebe zum Detail seit Jahren endlos viele Informationen für Jedermann zur Verfügung. Da ist der gute Wille für mich nicht nur eine Vermutung, sondern öffentlich ersichtlich: https://walcker.com/

    Stelle Dir doch selbst mal die Frage, was unter einer Orgel zu verstehen ist. Ist eine Ansammlung von Pfeifen eine Orgel? Ich sage nein. Außer einem großen Teil der Pfeifen wurden keine wichtigen Teile von Walcker zum Bau der neuen Orgel wiederverwendet. Alles ist neu und von Seifert gebaut. Der Spieltisch hat mit der ursprünglichen Orgel absolut nichts zu tun. Das ist nicht mehr eine Überführung einer Orgel in einen bestimmten Zustand, sondern ein Neubau. Wenn andernorts Orgeln umgebaut oder restauriert werden, dann bleibt der Großteil der Originalsubstanz erhalten, sie bleiben in aller Regel im bestehenden Raum und es wird auch nicht am Klang grundlegend alles neu intoniert. Insofern haben diese Orgeln dann auch nicht plötzlich einen neuen Hersteller. Bei Orgeln, deren Substanz nur zu einem Teil übernommen wird ist es sogar mehr als üblich, dass diese Orgel dann nach dem maßgeblichen neuen Orgelbauer benannt wird. Nur eben in Papenburg will man davon nichts wissen.

    Wer erdreistet sich also mit welchem Recht, diese Orgel Walcker zu nennen? Oder wer will mir verbieten, sie Seifert zu nennen?

  • Der gute Herr Walcker, der schon seit langer Zeit alles verteidigt, was Neobarock ist (kürzlich zum Beispiel eine entsetzliche Bornefeld Orgel) und alles verteidigt, wo Walcker draufsteht, dabei meines Wissens aber auch keine besonders großen Orgeln gebaut hat, ist für mich keine besondere Referenzquelle, und diesem nun noch alle möglichen Dinge zu unterstellen (hätte die Orgel renovieren können, hat bestimmt die Pläne zur Verfügung gestellt), finde ich sehr weit hergeholt und würde ich gerne auch mit Quellenangaben sehen. Ich glaube nicht, dass Walcker den Umbau überhaupt hätte machen können oder wollen (er scheint schon seit Jahren keine Orgel mehr gebaut zu haben) und muss Reiner ganz recht geben, dass Seifert eine Walcker Orgel restauriert hat und keine Seifert Orgel gebaut hat (zumal Seifert eine andere romantische Orgel davor renoviert hat, nämlich Kevelaer). Jede Orgel, deren Laden und Disposition in den ursprünglichen Zustand wieder überführt werden, wird unter dem Namen ihres Erbauers gelistet werden (man denke nur an die sogenannte CC in Notre-Dame), denke an die E. F. Walcker Orgeln in Schramberg und Neuhausen.. Ich finde es äußerst fragwürdig, den Namen gegen alle offiziellen Quellen zu ändern und halte nichts davon, ich finde es sogar äußerst merkwürdig, ausgerechnet mit dem aktuellen Walcker ins gleiche Horn zu stoßen und gleichzeitig nur von besten Vorsätzen von seiner Seite aus auszugehen.

    Vielleicht war der gute Herr Walcker auch einfach nicht damit einverstanden, dass "irgendwelche Gutachter" beschlossen hatten, die Orgel auf ihren Ursprungszustand zurückzubauen, d.h. also, die neobarocken Ergänzungen, die seine Firma in den 80ern eingebaut hatte, nicht mehr haben wollte. Damit wäre es dann tatsächlich keine "Gerhard Walcker" Orgel mehr gewesen :)

    Das das in 2002 von Seifert beautragte Gutachten (vermutlich sollte das als Basis für den Kostenvoranschlag dienen) dann den Pfeifen eine solide Grundsubstanz, aber einen desolaten Zustand auf Grund der Art und Weise, wie man die Höherstimmung in den 50ern und Rückführung auf heutige Stimmtonhöhe in den 80ern durchgeführt hatte (Das Gutachten mit reichlich Fotos ist auf der Walcker-Orgel Seite der Stadt Gelsenkirchen einsehbar) hat sicher auch nicht zu einer positiven Stimmung geführt.

    Sei es drum, Mike, nenn die Orgel wie Du willst, es ist trotzdem eine Walcker, aber eben keine Gerhard Walcker. :)

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    Sei es drum, Mike, nenn die Orgel wie Du willst, es ist trotzdem eine Walcker, aber eben keine Gerhard Walcker.

    Nach dieser verqueren Logik müsste die Orgel in Paris St. Sulpice Cliquot Orgel genannt werden und nicht Cavaillé-Coll Orgel. Dort wurden wesentliche Teile der Vorgängerorgel von Cliquot verwendet. Und es gibt unzählige weitere Beispiele, bei denen der Name des Umbauers oder weitgehend Neubauers einer Orgel nach diesem benannt wird und nicht mehr nach der ursprünglich mal vorhandenen Orgel. In Papenburg waren sogar die gekürzten Pfeifen wieder zu verlängern und nicht im Originalzustand. Wurde denn sonst noch irgendetwas aus der originalen Walcker Orgel verwendet, was mir vielleicht nicht bekannt ist, außer Pfeifen?

  • CPU-Kühler-Design.......:D....das paßt. Auch ich empfinde das Gehäuse eines Gottesdienst-Raumes unwürdig. Aber Architektur spiegelt ja zumeist die Geisteskultur einer Epoche wieder.....räusper.....

    Betrachten wir es mal so: man hat eine "Rekonstruktion" der Originalanlage versucht, beschränkt auf die Technik.... wobei ich nicht beurteilen kann, wie nahe diese "Rekonstruktion" am Original wirklich ist. Die Intonation ist natürlich der Knackpunkt.

    Die Orgel war für einen trockenen Konzertraum geplant, steht nun in einer überhalligen Kirche. Das sind komplett andere Parameter.

    Ich kenne Kirchbauten, kleine Kirchen, in der einen (18. Jh.) klingt ein komplett eng mensurierter Subbaß füllend und tragfähig. In der anderen (breit, Tonnengewölbe aus Spritzmörtel auf Putzträger, 1950, aber Saalbau) brauchte es einen wirklich weiten Subbaß, sonst wäre nix gekommen.

    D.h. allein vom Faktor Intonation aus muß man sagen: Neubau unter Verwendung historischen Materials in enger Anlehnung an die Bauprinzipien des Ersterbauers.

    Mit Glücksgriff meine ich natürlich einmal das Überleben des Werkes und einmal daß die Kirchengemeinde einen solchen Brummer hat.

    Ein bißchen ähnlich wie Saalkirche Ingelheim, Skinner......... aus der alten US-Skinner neu errichtet von Klais..... eigentlich auch eher eine Skinner-Klais.#

    Video von der Intonation: Intonation Papenburg

  • Gerhard Walcker-Mayer hat ja in den vergangenen Jahren mehrheitlich Renovierungen und Restaurierungen durchgeführt. Die Rekonstruktion eines Schlachtschiffes wie Gelsenkirchen ist schon eine logistische und finanzielle Herausforderung. Das mal dazu.

    Wenn ich nun die Aufnahmen von Laux anhöre und vergleiche mal die Aufnahmen aus Papenburg, erkennt man schon die Linie, also gaaaaanz neu ist die Intonation nicht.

    Nebenbei: die Gelsenkirchener soll im Klang der Orgel vom Parteitag sehr nahe gewesen sein.... räusper....

    Außerdem wurden in Papenburg auch Stimmen zugefügt!! z.b. Mixturen im SW!....anspielbar in jedem Teilwerk.

    • Offizieller Beitrag

    Zum Glück haben wir Probleme! Sonst bräuchten wir ja dieses Forum nicht. 8o

    Von meiner Seite ist dann auch alles zum Thema gesagt. Ich habe ein ganzes Bündel Argumente genannt und einige von euch hatten den Mut, sich doch noch in diese kontroverse Diskussion mit weiteren Argumenten einzubringen. Der Leser kann sich jetzt seine eigene Meinung bilden und ist hoffentlich nicht mehr auf einseitige Berichterstattung angewiesen. Wer sich nun auf den Schlips getreten fühlt, dem kann ich mitteilen, dass Schlips heutzutage out ist. Es heißt Langbinder. :-wow:

    Ach ja - fröhliches Orgeln mit unserem alten und nun endlich wieder neuen Orgler-Smiley von chilissimo

    :-organ:

    :-B

  • Laßt mich ein letztes Wort finden.

    Zunächst: ich bin ein großer Fan historisch getreuer Restaurierungen und Rekonstruktionen, da ich selbst mit vielen historischen Instrumenten in Kontakt gekommen bin, die leider vornehmlich in den 60er und 70er Jahren "modernisiert" und damit deutlich versaut wurden. Darunter leider bis dato unverändert erhaltene Barockorgeln, von den Romantikerinnen mal ganz zu schweigen. Federführend waren damals nicht ganz unbekannte Schwachverständige.

    Leider ist es aber auch so, daß historische Orgeln leider auch Arbeitsinstrument der Organisten in der Liturgie sind.

    Hier gilt es deswegen abzuwägen, was nun Priorität hat.

    Wenn nun eine Orgel transloziert wird, oder es eine Orgel gibt, deren Pfeifenwerk in großen Teilen noch historisch ist, der Rest aber im Laufe der Jahrzehnte verloren oder ersetzt wurde, dann sollte man schon überlegen, wie man eine Restaurierung angeht.

    Ich möchte drei Beispiele aus meinem Wirkungskreis anführen:

    - historische Barockorgel 1727, 1866 in eine unserer Filialgemeinden transloziert, neues Untergehäuse, neuer Spieltisch, Umstimmung, Intonation, aber im Kern nebst Windlade, Zungen etc. original erhalten.

    Restaurierung auf den belegbaren Originalzustand, Stimmung, Intonation nebst Keilbalganlage

    - historische Barockorgel 1739,..... 1896 gravierend umgebaut, neue Laden, neuer Spieltisch, Untergehäuse komplett neu, maximales Recycling an Originalpfeifen....

    1988 Restaurierung..... im Grunde technischer Neubau in enger Anlehnung an die Prinzipien des Ersterbauers (in dem Fall Johann Michael Stumm), Wiederherstellung der originalen Disposition, Intonation, Rekonstruktion fehlender Register.... aber (!), da neue technische Anlage, Beibehaltung der erweiterten Klaviaturumfänge und des Stimmtones unter Anlage einer historischen Temperatur. Dadurch ist die Orgel immens vielseitig, besonders im Zusammenspiel mit Orchester etc.

    - historische Orgel aus 1870, 9 Register.... transloziert aus Kirchenverkauf im Bistum. Neuaufstellung in einer unserer Gemeinden. Dabei Erweiterung im Stile des Erbauers im Pedal durch eigenständige Lade, originalgetreue Restaurierung und Intonation.

    Nunmehr Ergänzung im eine Physharmonika, die elektrisch angesteuert wird, um einen irreversiblen Eingriff in die historische Substanz zu vermeiden.


    Unter diesen Erfahrungen und Prämissen sehe ich Papenburg recht entspannt. Natürlich, es ist mehrheitlich Seifert, aber der Klangkern ist Walcker. Und ich denke, daß die Walckersche Intonation so typisch ist, daß da kaum eine große Abweichung entstanden ist, besonders in Hinblick auf die Taschenladen.

    Der Kirchenraum hat viel mehr Einfluß.

    Das Hans-Sachs-Haus hatte ja nach dem Krieg große Veränderungen erfahren, d.h. die Aufnahme von Laux ist schon weit weg von 1927.