• Liebe Orgelfreunde,

    nachdem ich schon an der einen oder anderen Stelle mal von meiner Walcker Hausorgel gesprochen hatte, wollte ich sie euch irgendwann mal vorstellen, wenn alles fertig ist. Aber ich glaube es ist wohl wie bei vielen Hausorgel-Projekten eine

    Never Ending Story

    Deshalb eröffne ich aufgrund von Nachfragen einfach mal eine vermutlich Never Ending Diskussion :D

    Walcker_001.jpg

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    Original geschrieben von emsig

    Mike, ist das die Walcker-Orgel, die Du manchmal erwähnst?

    Ja genau. Leider immer noch nicht ganz fertig.

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    Wie transportiert man so was? Spedition oder Orgelbaufirma?

    Ich hatte sie selbst transportiert und dazu einen kleinen LKW gemietet. Es war eine Sammlung Einzelteile und ich wusste beim Kauf nicht so recht wie das aussehen wird. Angeblich sollte sie nicht höher als 2,50 m sein. Beim Aufbau merkte ich dann aber, dass sie eher über 3 m hoch werden wird =O

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    Steht das Gehäuse an einer Innenwand, oder schaust Du hin und wieder nach, ob sich dahinter kein Schimmel bildet?

    Das Foto stammt noch aus der Mietwohnung wo ich sie zuerst aufgebaut hatte. Deckenhöhe ca. 2,60 m. Natürlich kein Dauerzustand für die beiden Mitmieter. :D
    Inzwischen habe ich ein Häuschen mit Deckenhöhe ca. 2,45 m 8)
    Deswegen konnte ich sie bis jetzt nur eingeschränkt aufbauen. Der obere Schwellkasten passt nicht mehr drauf und im Prospekt musste ich von den mittleren Pfeifen noch mehr weglassen. Die Töne habe ich allerdings temporär durch ein paar gedeckte Pfeifen ersetzt, sodass ich doch irgendwie damit spielen kann. Ich habe im Haus jetzt eine Zimmerdecke zum Dach hin entfernt und den Raum zum Treppenhaus hin geöffnet. Damit habe ich nun eine Raumhöhe von ca. 4 m und eine akustische Raumhöhe inkl. anhängendem Treppenhaus von ca. 8 m. Ich hoffe das nützt für die 16' Töne. Leider verzögert sich der Innenausbau immer wieder. Erst wenn alles fertig steht, will ich dann endgültig intonieren.

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    Original geschrieben von C18H27NO3

    Ich hatte schon die Ehre, an diesem wunderbaren Instrument ein paar Tasten zu drücken :thumbup:
    :-organ:

    Gut beschrieben - von Spielen kann man im Moment nicht so wirklich reden :D

    Gruß Michael

  • Die Orgel stand laut meinem Vorbesitzer ursprünglich in einer Kirche in Stuttgart.

    Walcker_002.jpg

    Sie hat insgesamt 21 Register wie folgt:

    Walcker_003.jpg


    Hier die aktuelle Aufstellung ohne Schwellkasten und mit Gedecktpfeifen
    in der Mitte des Prospekts, mangels ausreichender Raumhöhe


    Walcker_004.jpg


    Pedal:

    Subbass 16'
    Bassflöte 8'
    Gedecktflöte 4'
    Choralbass 4'
    Bauernpfeife 2'
    Zimbel 6-fach


    Manual I:

    Bourdon 16'
    Principal 8'
    Gedeckt 8'
    Oktave 4'
    Rohrflöte 4'
    Nasat 2 2/3'
    Gemshorn 2'
    Mixtur 3-fach


    Manual II:

    Geigenprincipal 8'
    Konzertflöte 8'
    Prästant 4'
    Blockflöte 4'
    Nachthorn 2'
    Quinte 1 1/3'
    Scharff 3-fach


    Als Hausorgel eine ganz schön reichhaltige Disposition, trotzdem noch recht kompakt :)

  • Nachdem du den Thread jetzt aktuell neu verlinkt hast bin ich natürlich gerade total interessiert, wie es in den letzten 5,5 Jahren weitergegangen ist ;)

    Durchschnittliche Einstaubhöhe pro Jahr ca. 2 mm. ;) Aus beruflichen Gründen bin ich die letzten Jahre leider kaum noch dazu gekommen an meinem neuen, hohen Orgelraum weiterzuarbeiten. Sie ist also nach wie vor einigermaßen spielbar, aber halt noch nicht endgültig aufgestellt und intoniert. Wenn ich dann mal Rentner bin...
    ... möchte ich das spätestens alles nachholen. Ich will sie dann noch um ein zusätzliches Werk erweitern. Möglicherweise ein Rückpositiv, das ich auch mal als separate Truhenorgel verwenden kann. Ein Ventola Gebläse und ein Register 8' Gedackt habe ich dafür schon beiseite liegen. Dazu vielleicht noch ein Gemshorn in 4' und eine Zungenreihe. Das wäre so meine Vorstellung.

  • Ist ja eine umfangreiche Disposition. Wie hast du die Register alle bei dir untergebracht? Oder ist es eine Multiplexorgel?

    Ja, es handelt sich da um eine Multiplexorgel von Walcker. Diese wurden nach dem Krieg in größeren Stückzahlen und verschiedenen Ausführungen gebaut, um den enormen Bedarf der Gemeinden zügig abdecken zu können. Mittlerweile sind nur noch wenige Exemplare davon erhalten. Meine ist eines der größeren Modelle mit separatem Spieltisch und drei Pfeifenreihen je ca. 80 Tönen. Eine Reihe gedeckte Pfeifen ab 16' Subbass aufwärts changierend in verschiedenen Klangfarben. Eine Reihe Prinzipale ab 4'. Die dritte Reihe besteht nur aus Mixturen.

    Aus diesen Pfeifenreihen werden dann elektromechanisch alle Auszüge für die verschiedenen Register gewonnen. Das Multiplexsystem hat natürlich Vor- und Nachteile. Größter Nachteil, von dem oft berichtet wird, sind die "Klanglöcher" die entstehen, wenn eine Pfeife, die bereits klingt, für ein weiteres Register nicht nochmal erneut klingen kann. Das lässt sich aber durch geschickte Registrierung umgehen.
    Als Hausorgel bietet das System aber durchaus interessante Vorteile. Die Orgel ist recht kompakt für die vielfältigen Klangmöglichkeiten. So habe ich z. B. auch im Manual einen 16' zur Verfügung und im Pedal kann ich ein Plenum registrieren inkl. einer Mixtur 6-fach. Außerdem hat der Oberkasten einen Lamellenschweller, den ich am Spieltisch mit Schwellpedal verwenden kann. Das ist dann alles schon viel spannender als ein typisches Positiv 8-4-2 mit angehängtem Pedal oder nur Subbass.

  • Dankeschön. Viel Freude an und mit deiner Orgel.

    Natürlich hat das Multiplexsystem die Nachteile der Klanglöcher. Auch die Ansteuerung der Register und Pfeifen ist komplizierter als bei z.B. einer Schleiflade.

    Mit geschickter Registrierung fallen die Klanglöcher nicht mehr so stark auf. Das geht mit genügenden Registern natürlich einfacher. Zeitweise hat man die Klangreihen um mehrere Oktaven über den Manualumfang weiter ausgebaut und dann Register gleicher Mensur zwei Oktaven versetzt disponiert, also aus einer Reihe z.B. den 8' und 2' entnommen.

    Bei schlechten Multiplex-Orgeln kann auch die Windstößigkeit über alle Manuale und Pedal ungünstig auswirken.

    Aber schön, solch eine umfangreiche Pfeifenorgel zu besitzen.

    Nochmals viel Freude damit

    Gruß Rainer

  • Danke Rainer.
    Die Pfeifenreihen haben hier 80 Töne, sind also um zwei Oktaven weiter nach oben ausgebaut: 56+12+12=80

    Legt man auf jedes Manual eine andere Pfeifenreihe in 8' Lage, dann hat man z. B. überhaupt keine Klanglöcher. Mit zunehmender Registrierung nimmt der Effekt eben zu. Das Wort "Klangloch" hört sich aber dramatischer an, als es in Wirklichkeit ist. Es ist eigentlich nie so, dass irgendein Ton beim Spielen fehlen würde. Es kommen dann nur nicht mehr so viele zusätzliche Pfeifen hinzu wie z. B. bei einer Schleifladenorgel. Das Gute an diesem Effekt ist, bei Verwendung als Hausorgel, dass die Orgel damit auch bei größerer Registrierung niemals zu laut wird, da dann eben bei einer 8-4-2 Registrierung, wenn man den zweiten Ton eine Oktave höher spielt, nur noch eine zusätzlich klingende 2' Pfeife dazu kommt anstatt drei Pfeifen. Also zusätzlich das höhere 2', da 8' und 4' schon als 4' und 2' der unteren Oktave klingen. Schwierig zu erklären, merke ich gerade.

    Aber auch bei großen Kirchenorgeln wird oftmals der selbe Effekt genutzt. Besonders bei den großen Pfeifen der untersten Oktave wird häufig gespart und diese werden als Auszüge in mehreren Registern gleichzeitig verwendet. Es gibt also auch bei hochwertigen und weithin geschätzten Orgeln durchaus den Effekt von "Klanglöchern".

    Gruß Michael

  • Ich finde auch, dass die klanglichen Probleme solcher Multiplex oft überdramatisch dargestellt werden. Es ist eben ein Kompromiss, das muss man im Hinterkopf behalten.
    Wenn man sich allerdings anschaut, wohin sich unsere Kirchenmusik, die Zahl der Gemeindeglieder und die vorhandenen Ressourcen entwickeln, könnte ich mir vorstellen, dass es früher oder später eine "Renaissance" solcher Konzepte geben kann. Dann eben mit neuester, digitaler Ansteuerung.
    Fände ich persönlich aber immer noch schöner als ein rein elektisches Instrument anzuschaffen.

  • Das stimmt in der Suboktave und Superoktave sind ähnliche Effekte vorhanden. Wenn deine Pfeifenreihen bis zu 80 Töne ausgebaut sind hast du ja eine wunderbare Orgel.

    Natürlich spart man gegenüber der Schleifladenorgel Pfeifen und Platz und Geld sonst hätte man das Multiplexsystem nicht erfunden.

    Mehrfachverwendung von Pfeifen sind ja auch in Transmissionen üblich. Wenn man einen 16' aus z.B. Schwellwert ins Pedal transmittiert oder umgedreht gibt es theoretisch auch Ton Löcher die aber kaum auffallen. Das Multiplexsystem in Hausorgeln zu verwenden hat den von dir beschriebenen Vorteil im vollen Werk einerseits voll zu klingen, andererseits nicht zu laut zu werden.

    Eine Multiplexorgel, auch solche mit deutlich hörbaren Klanglöchern, ziehe ich der reinen Digitalorgel und auch einer Hybridorgel vor

    Gruß Rainer

  • Ich denke, Orgeln, egal in welcher Größe, sind immer ein Kompromiss aus begrenztem Budget, eingeschränktem Platzangebot, beabsichtigten klanglichen Möglichkeiten und technischer Machbarkeit. Da liegen die Grenzen in privaten Wohngebäuden insgesamt deutlich enger als in öffentlichen Kathedralen. Es ist jedenfalls sehr interessant, zuhause auch auf einigen echten Orgelpfeifen spielen zu können. Der direkte Vergleich zwischen dem Orgelpfeifenklang und dem reproduzierten Pfeifenklang unserer virtuellen Orgeln bringt einen oft wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Dabei haben beide Systeme als Hausorgel ihre Vor- und Nachteile.

    So eine Multiplexorgel mit elektrischer Traktur schreit natürlich förmlich danach, als Hybrid-Orgel erweitert zu werden. Längerfristig möchte ich das auch versuchen, ohne dadurch die Originalsubstanz der Orgel zu beschädigen. Oscar Walcker wäre damals sicher entzückt gewesen, solche technischen Möglichkeiten mit Computer und Midi zur Verfügung zu haben. Wenn (falls) mein hohes Orgelzimmer einmal fertig ist, habe ich mir auch vorgenommen, die Orgel um ein zusätzliches kleines Pfeifenwerk zu erweitern, das auch als eigenständige, portable Orgel zu verwenden ist. Aber im Moment sind das alles noch Träume und alles braucht viel Zeit und bedeutet oft, ein weiteres Hobby im Hobby im Hobby anzufangen.