Der was spielt ihr gerade Thread

  • Tut mir leid, dass ich mich in der Taktzahl verzählt habe.

    Dein Anfangstempo war meim Gefühl nach ganz passend; man muss dieses Stück nicht "romantisieren" wollen.

    Auch die gewählte Registrierung überzeugt. Zuhause an meiner Gloria Optimus spiele ich den c.f. gerne mit einem Prinzipal 8' oder mit einer milden Zunge (norddt. Krummhorn, Dulcian oder Vox humana mit Tremulant).

    Da ich das HW-Set nicht kenne: verrätst Du uns Deine Registerauswahl?

  • Schön gespielt! Ich mache beim Aufnehmen Fehler, die ich beim Einüben nie gemacht habe. Das ist wie ein kleines Live-Konzert, wo dann mal unangenehme Dinge passieren ;)

    Das ist wohl eine reine Kopfsache die jeder von uns kennt. Man übt etwas und es ist immer perfekt. Sobald man die Aufnahme drückt läuft alles schief was nur schief gehen kann. Ich beobachte es bei mir auch immer wieder, da ist man Fehlerfrei durch fünf Seiten gekommen und denkt sich so schön "Ach das ging super und was soll jetzt noch schief gehen" und schwups ist man mit dem Kopf bei seinen Gedanken und verhaut es. Oder man bekommt Angst es könnte den letzten Takt noch was schief gehen, obwohl man es schon hunderte Male fehlerfrei gespielt hat und schwups ist die Anspannung da und man verhaut es...

    Wir Orgelspieler haben ja einen Vorteil, wir üben ja oft bei offener Kirche und da ist man es gewohnt dass die Fehler von jemanden gehört wird. Ich denke mal den meisten wird es am Anfang unangenehm gewesen sein Tonleitern falsch zu spielen während unten Besucher liefen. Man muss lernen seinen Kopf abzustellen. Wenn man spielt, egal ob mit oder ohne Aufnahme, für einen Besucher oder für eine volle Kirche, man sollte immer nur einen Fokus darauf haben gut zu musizieren.

    Auf der anderen Seite verhauen auch Top Pianisten ganze Läufe regelmäßig und treffen dort keinen Ton. Die Top Zehn juckt das aber nicht, die machen einfach weiter. Auf den Veröffentlichungen sind diese Patzer natürlich bearbeitet und stimmen. Man hat also daher ein falsches Bild. Wir Menschen können nicht Fehlerfrei etwas machen, es wird immer etwas schief gehen. Aber man muss lernen das auch anzuerkennen.

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  • Bei meinem letzten Gottesdienst habe ich als Eingangsstück ein Klavierstück vorgetragen. Die Tage vorher ab und zu nochmal durchgespielt, jedesmal fehlerfrei. Zum Gottesdienst dann erstmal den ersten Akkord falsch gespielt. Gleich nochmal angefangen….danach nochmal ein kleiner Fehler. Sowas nervt mich total. Wieso macht man unter den Auftrittsdruck fehler?

    Fraser Gartshore meinte mal, dass er unter Anspannung immer besonders gut spielt. Das hat mich schon etwas demotiviert?.

    Naja, aber schön zu hören, das es anderen auch so geht wie mir.

    Viele Superstars lassen ja auch extra alles Playback ablaufen….nur damit es perfekt wird. Das finde ich eigentlich auch schwach….Das gibt halt auch ein falsches Bild ab. Es macht nunmal jeder Mensch fehler. Auch ein Superstar. Aber durch solche „perfekten“ Auftritte, wird dem normalen Zuschauer halt auch ein falsches Bild vermittelt. Jeder denkt dann, die machen keinen Fehler. Und die amateur Musiker haben dann damit zu kämpfen.

  • Zum Gottesdienst dann erstmal den ersten Akkord falsch gespielt.

    Aus der Sich von einem selbst ist so was dramatisch, aber mal ehrlich betrachtet werden die allermeisten im Raum es überhaupt nicht merken das da was falsch war. Wir sind da als Musiker ja sehr viel sensibler.

    Ich erinnere mich noch an unseren Kantor der mal Stücke von Reger zu einem Konzert gespielt hat. Im Publikum war die ganze Zeit jemand der lautstark kritisierte was da nicht korrekt war und wo ein Notenwert falsch umgesetzt wurde. Irgendwann ist dem Kantor die Geduld ausgegangen und er ist runter gegangen und hat den Kritiker an die Orgel gesetzt. Danach hat ihn niemals wieder jemand gesehen nach der peinlichen Einlage und der Erkenntnis das er es noch sehr viel schlechter spielt :)

    Wenn ich jemanden einen Fehler machen höre, dann denke ich mir auch "Ha da war ein falscher Ton", aber im Sinne von "hätte mir auch passieren können".

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  • Aus der Sicht von einem selbst ist so was dramatisch, aber mal ehrlich betrachtet werden die allermeisten im Raum es überhaupt nicht merken das da was falsch war. Wir sind da als Musiker ja sehr viel sensibler.

    Da hast du sicher recht.

    Ich erinnere mich noch an unseren Kantor der mal Stücke von Reger zu einem Konzert gespielt hat. Im Publikum war die ganze Zeit jemand der lautstark kritisierte was da nicht korrekt war und wo ein Notenwert falsch umgesetzt wurde. Irgendwann ist dem Kantor die Geduld ausgegangen und er ist runter gegangen und hat den Kritiker an die Orgel gesetzt. Danach hat ihn niemals wieder jemand gesehen nach der peinlichen Einlage und der Erkenntnis das er es noch sehr viel schlechter spielt :)

    Also das finde ich schon heftig. Den Organisten während des spielens zu kritisieren….einfach unverschämt. Aber gute Reaktion von dem Kantor.

  • Man hört ja so einige Geschichten wie Besucher die dem Orgelspieler in die Tasten greifen oder Registrierungen ändern weil sie denken es wäre so besser... Bei mir würde das jemand nur einmal machen, ich würde ihn eigenhändig vor die Tür setzen... Mal davon abgesehen das keine am Instrument was zu suchen hat, ist so was einfach nur unverschämt und dreist. Wenn jemand meint es besser zu können, dann kann er sich ja Sonntags um 10 Uhr dort hinsetzen.

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    • Offizieller Beitrag

    Bei meinem letzten Gottesdienst habe ich als Eingangsstück ein Klavierstück vorgetragen. Die Tage vorher ab und zu nochmal durchgespielt, jedesmal fehlerfrei. Zum Gottesdienst dann erstmal den ersten Akkord falsch gespielt. Gleich nochmal angefangen….danach nochmal ein kleiner Fehler. Sowas nervt mich total. Wieso macht man unter den Auftrittsdruck fehler?

    Fraser Gartshore meinte mal, dass er unter Anspannung immer besonders gut spielt. Das hat mich schon etwas demotiviert?.

    Naja, aber schön zu hören, das es anderen auch so geht wie mir.

    Viele Superstars lassen ja auch extra alles Playback ablaufen….nur damit es perfekt wird. Das finde ich eigentlich auch schwach….Das gibt halt auch ein falsches Bild ab. Es macht nunmal jeder Mensch fehler. Auch ein Superstar. Aber durch solche „perfekten“ Auftritte, wird dem normalen Zuschauer halt auch ein falsches Bild vermittelt. Jeder denkt dann, die machen keinen Fehler. Und die amateur Musiker haben dann damit zu kämpfen.

    Das geht wohl vielen so. Reine Kopfsache. Beim Üben mal an einer Stelle gestockt oder verspielt. Also nochmal. Selbe Stelle, selber Fehler.

    Übt man weiter, sagt das Gehirn im Unterbewusstsein:

    Die Stelle klappt nicht.

    Und meist geht es tatsächlich nicht.

    Läßt man das Stück einige Zeit liegen erinnert man sich nicht mehr daran und spielt plötzlich darüber hinweg.

    Vor einem Konzert oder Vorspiel etc. Immer eine "kritische Stelle" üben und wiederholen erhöht oft die Fehlerquote

  • Ja, ein Faktor ist das 'Schnelle vs das langsame Denken' unseres Gehirns. (Siehe auch berühmtes Buch von Kahneman)

    'Schnelles Denken' ist unbewusst und automatisiert.

    'Langsames Denken' ist bewusst, tastend, und sehr energieaufwändig.

    Beispiel: Fahranfänger - routinierter Fahrer.

    Wir können weder Gliedmaßen beim flotten Gehen, noch Finger bei schnellem Klavier/Orgelspiel bewusst steuern. Das würde viel zu lange dauern und das Vielfache Energie fressen

    Also können wir uns beim Spiel nur ruhig zuschauen, wie es sich bewegt.

    Wir brauchen somit auch hier (wie bei so vielen Entscheidungen im Leben) Vertrauen, teilweises Loslassen. (Dabei hilft stabiles Selbstbewusstsein und Ruhe auch in schwierigen Situationen) (Gläubige Menschen wissen dies auch in ihrer Sprache)

    Aber ebenso wie beim Fahranfänger: Die Bewegungsabläufe müssen schon so oft (langsam, bewusst, anstrengend und energieaufwändig) geübt werden, dass sie eben automatisch unbewusst funktionieren.

    Danach darf man aber, wie Rainscho sagt, nicht mehr 5 Gänge zurückschalten und bewusst die Stelle steuern wollen. Das kann nicht funktionieren, weil dazu das bewusste Denken eben viel zu langsam ist.

    Wir müssen vertrauen und es fließen lassen.  (Nach guter, langsamer, ausreichend langer Vorbereitung)

  • Dem kann ich nur zustimmen!

    Sobald man anfängt zu denken beim Spiel, geht das daneben. Lässt man es entspannt laufen, klappt alles wunderbar!

    Darin liegt wohl auch das Problem bei der Aufnahme bzw. beim öffentlichen Vorspiel!

    In meiner Unterrichtszeit habe ich in der Kirche noch schnell mal das Übungsstück durchgespielt. Sobald mein Orgellehrer aufgetaucht ist, war es vorbei mit dem fehlerlosen Spiel!

    Ich arbeite aber jetzt daran, meine Versagensängste zu kontrollieren und suche bei den jährlich stattfinden Orgelfahrten meines Orgellehrers die Herausforderung, dass ich mich im Kreise der Teilnehmenden an die mir völlig unbekannten Orgeln setze und spiele.

    Natürlich wähle ich da schon Stücke aus, die ich eigentlich sehr gut beherrsche . Wenn es dennoch schief geht, versuche ich entspannt zu bleiben und fange notfalls von vorne an.

  • Ja, ein Faktor ist das 'Schnelle vs das langsame Denken' unseres Gehirns. (Siehe auch berühmtes Buch von Kahneman)

    Das Buch, dessen Lesen mich in letzter Zeit so weit voran gebracht hat, wie kein anderes. Bin bislang nur nicht auf die Idee gekommen, dass aufs Orgelspielen zu übertragen. Danke für das Herstellen dieses Zusammenhangs.

    Ggf. werden die Fehler bei mir jetzt weniger.

  • es stimmt aber mit dem denken. Wenn ich im Kopf Versuche zu überdenken welcher Fingersatz funktionieren könnte, dann gibt es nur einen Knoten im Kopf und scheint unmöglich zu sein. Am Instrument machen die Finger ihr Ding einfach. Genau so beim Blattspiel, da sitze ich und denke nach wie ich das nun mache obwohl die Finger aus Erfahrung bereits die richtige Position haben.

    Na ich sehe es locker, da ich nicht meinen Lebensunterhalt damit verdiene darf ich auch mal langsamer sein ?

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  • Das stimmt schon, wobei ich von der Einteilung Schwer und Leicht nicht viel halte. Ich habe mein Orgelspiel damals mit dem Bärenreiter Choralbuch gelernt. Selbst unser Kantor würde daraus nicht unvorbereitet spielen weil viele Vorspiele und Choräle recht filigran sind. Da ich es damit gelernt habe spiele ich da ohne Probleme die Stücke die andere als schwer bezeichnen würden. Lege mir eine zweistimmige Fuge hin, du siehst wie ich in schlingern komme.

    Es ist also meist so, dass Stücke die man von der Art kennt für einen selbst leicht sind, weil sie eben in den Fingern liegen. Ich sehe es bei meinem Chroalbuch aus 1767, die Sätze können viele nicht spielen, einmal gelernt wie sie funktionieren und schon ist es simpel. Aber wie gesagt, bleibe mir weg mit einer Fuge :)

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