• Ich habe das Programm auch schon ein paar mal getestet, es gefällt mir nicht wirklich. Wobei das den Klang betrifft. Es ist ja eine Simulation was den hohen Ressourcenverbrauch bei der CPU erklärt. Aber irgendwie hört es sich für mich alles nicht wirklich stimmig an. Irgendwie so als ob man krampfhaft versucht hat irgendwas zu kombinieren was sich wie eine Orgel anhört, aber irgendwie nicht halbes und nichts ganzes ist. So von der Bedienung her ist es schon ganz nett und sehr viel einfacher und flotter als andere. Aber klanglich absolut nicht meins.

  • Ich bin der Meinung, dass wir da gerade ins "uncanny valley" fallen.

    Hauptwerk ist zwar verdammt gut, kann aber ein paar Dinge nur so, ääh, stümperhaft (provokativ ausgedrückt). Die Töne, die beim Ausschalten entstehen, kann ein Hauptwerk halt nicht erzeugen. Über den Tremulanten sprechen wir mal lieber nicht.

    Das ist der Punkt, an dem eine echte Simulation wie Organteq ansetzen kann und genau diese Dinge simulieren kann. Aber so richtig reicht die Rechenleistung, die aktuell zur Verfügung steht, halt auch noch nicht.

    Wobei man, wenn man den Vergleich fair ziehen will, nicht HW (I)V(I) und Organteq vergleichen darf, sondern HW 1 oder 2 mit Organteq. In HW (I)V(I) stecken halt doch einige Jahre Erfahrung und Entwicklungsarbeit.

  • Die Frage ist nur wie detailliert muss eine Orgel simuliert werden. Das einschalten und ausschalten ist zum Beispiel etwas das in meinen Augen nicht simuliert werden muss. Das sind notwendige Erscheinungen und ein virtuelles Klavier simuliert ja auch nicht ein verstimmen der Saiten und deren anschließenden Nachstimmung. Wobei zugegeben eine Orgel die gespielt wird ohne aktiven Motor also wirklich bei einem netten Griffbild den Druck mal absacken lassen kann durchaus ein schönes Element sein an einer echten Orgel. Wobei es in der Praxis wohl eher unbedeutend ist. Die Frage ist eben wo sich die Software hin entwickelt.

    Wobei eine echte Simulation wird eh nie möglich sein. Man muss irgendwo einen Zwischenweg gehen. Am Ende spielt die Technik vermutlich keine so große Rolle. Der eine Spieler wird aus einer 400.000 Euro teuren Orgel keine anständigen Töne bekommen und ein anderer spielt mit einer 5 Euro teuren elektrischen Orgen vom Sperrmüll die schönsten Lieder.

  • Die Simulation ist erstmal nur ein Werkzeugkasten, so wie das Instrument selbst nur ein Werkzeugkasten ist. Nur versucht halt mancher, mit dem Schraubenzieher Nägel in Stahlplatten zu schlagen.

    Es stellt sich die weitere Frage, was bei der Simulation Hauptprodukt ist, und was dann ein netter Nebeneffekt ist. Wenn die Simulation die Pfeifen und das Windmodell richtig berechnet ist das Überspringen in Obertöne bei Winddruckverlust (aka "Ausschalten der Orgel") ein Nebeneffekt, den man gar nicht explizit implementieren muss.

    Wobei eine echte Simulation wird eh nie möglich sein. Man muss irgendwo einen Zwischenweg gehen.

    Die Simulation wird sich, so meine Vorhersage, irgendwann zu einem eigenständigen Instrument entwickeln. So wie sich die Hammond-Orgel vom reinen Orgelersatz hin zu einem eigenständigen Instrument entwickelt hat könnte das auch bei den Möglichkeiten der Simulation passieren. Wenn ich vielviel Zeit hätte würde ich ja eine Band gründen, die PAB durch Verzerrer und Leslie jagen und damit üblen Symphonic-Metal spielen :D

    Der eine Spieler wird aus einer 400.000 Euro teuren Orgel keine anständigen Töne bekommen

    Das haben meine Ohren mal bei einem Konzert internation renommierter Organisten an der großen Silbermannorgel im Freiberger Dom aushalten müssen. Waren zum Glück nur 20 Minuten, dann war der nächste Organist dran...

  • Das haben meine Ohren mal bei einem Konzert internation renommierter Organisten an der großen Silbermannorgel im Freiberger Dom aushalten müssen. Waren zum Glück nur 20 Minuten, dann war der nächste Organist dran...

    Leider kenne ich genau das. Vor allem das Orgelspiel ist ja sehr liturgisch geprägt. Natürlich spielt man auch andere Dinge, aber ein Großteil ist eben liturgischen Ursprungs. Nun ist es leider so dass viele hoch ausgebildete Kirchenmusiker so viel mit Theorie und Musikwissenschaft arebiten und lernen dass sie dabei ganz vergessen das es einen Unterschied gibt zwischen einer musikalisch perfekten Vorführung und einem liturgischen Musizieren. Leider wird den Profis eine Sache nicht beigebracht, nämlich wie man ein musikalisches Gebet vorträgt. Genau so wie ein echtes Gebet in Worten muss auch ein musikalisches technisch nicht perfekt sein, sondern etwas vermitteln.

    Allgemein ist es leider so (ich hatte das Glück und konnte mich primär auf das freie Spiel konzentrieren), dass viele Musiker so fixiert auf ihre Noten sind und das genaue vortragen, dass sie dabei vollkommen das Instrument und den Raum vergessen. Jede Orgel ist ein Unikat und jeder Kirchenraum auch, da werden die untalentierten Musiker knallhart aussortiert. Nur wer sich mit seinem Instrument beschäftigt und mit dem Klang und deren Wirkung der wird ein gutes Orgelspiel bieten können. Andernfalls kann man genau so einen Computer einfach Midi Dateien spielen lassen. technisch und vom Timing her perfekt, musikalisch tote Tonfolgen ohne Seele.

    • Offizieller Beitrag

    Da bin ich voll dabei. Beim Spielen sich selbst und der eigenen Ausdrucksstärke zuhören. Dann wird das Spiel musikalisch schön und folgt nicht nur haargenau den Noten und Takten.

    Ich habe mal in einer Kirche die Orgel gespielt. Vor dem Gottesdienst aus dem Gesangbuch. Als dann einige Kirchenbesucher leise mitgesungen haben wußte ich, dass mein Spiel bei ihnen angekommen ist und eine Wirkung erzeugt hat die selbst zum Erlebnis wird. Sollte sich bei solch einem Spiel einmal ein kleiner Fehler einschleichen wird er von den Zuhörern vergeben

    • Offizieller Beitrag

    Hauptwerk ist zwar verdammt gut, kann aber ein paar Dinge nur so, ääh, stümperhaft (provokativ ausgedrückt). Die Töne, die beim Ausschalten entstehen, kann ein Hauptwerk halt nicht erzeugen. Über den Tremulanten sprechen wir mal lieber nicht.

    Hauptwerk ist ja auch nur ein Werkzeugkasten für den Samplesethersteller. Nicht jedes Sampleset nutzt alle Fähigkeiten von Hauptwerk. Es ist sehr wohl machbar die Einschalt- und Ausschaltgeräusche der Orgel wiederzugeben. Mindestens bei einem Sampleset habe ich schon gehört wie der Motor allmählich hoch läuft und sich der Magazinbalg füllt, bzw. dann beim Ausschalten zunehmend absackt bis er unten aufschlägt. Frag mich aber jetzt nicht nach dem Sampleset. Ebenso gibt es ja unterschiedliche Arten der Umsetzung von Tremulanten. Am besten hören sich die gesampelten Tremulanten an und nicht die simulierten. Gibt es aber auch fast nur bei den teureren Sets.

    Die Frage ist halt auch, was packt man in einen Werkzeugkasten rein und was kostet er dann? Den Schweißbrenner oder die Exzenterpresse braucht womöglich nur ein sehr kleiner Teil der Handwerker und gerade das würde so einen Standardwerkzeugkasten unheimlich verteuern. Also sprich: Es besteht wohl kaum der Bedarf, die Pfeifenklänge bis zum völligen Erliegen des Winddrucks beim Abschalten simulieren zu müssen. Wer bräuchte das?

    Allgemein ist es leider so (ich hatte das Glück und konnte mich primär auf das freie Spiel konzentrieren), dass viele Musiker so fixiert auf ihre Noten sind und das genaue vortragen, dass sie dabei vollkommen das Instrument und den Raum vergessen. Jede Orgel ist ein Unikat und jeder Kirchenraum auch, da werden die untalentierten Musiker knallhart aussortiert. Nur wer sich mit seinem Instrument beschäftigt und mit dem Klang und deren Wirkung der wird ein gutes Orgelspiel bieten können. Andernfalls kann man genau so einen Computer einfach Midi Dateien spielen lassen. technisch und vom Timing her perfekt, musikalisch tote Tonfolgen ohne Seele.

    Nicht nur jede Orgel ist ein Unikat, auch jeder Organist ist ein Unikat. (manche sogar ein Unikum ;)) Orgel und Orgelspiel ist so breit gefächert, dass keiner auf allen Gebieten Experte sein kann. Es nützt auch nicht unbedingt, wenn jemand zwar ausgezeichnet liturgisch improvisieren kann, aber dafür nicht imstande ist, ein völlig unbekanntes Stück vom Blatt weg zu spielen. Diese Anforderung kann es bei plötzlich notwendiger Vertretung eines anderen Organisten ja durchaus mal geben.
    Ich behaupte mal, dass der größte Teil der Zuhörer auch gar nicht merkt, ob etwas besser oder schlechter gespielt wird. Im Gegenteil ist es bei vielen Zuhörern doch so, dass zu abstrakte Improvisation eher weniger gut ankommt, ebenso wie zu überprofessionelle Liedbegleitung mit der sich der Organist gedenkt profilieren zu wollen, aber die Gemeinde das Problem hat, die Melodiestimme kaum noch zu erkennen.
    Ich denke die Mischung aus unterschiedlichsten Organisten die auf unterschiedlichste Orgeln treffen ist gerade das Salz in der Suppe. Das bringt dem erfahrenen Zuhörer zumindest eine schöne Abwechslung.

  • Zitat: „Es besteht wohl kaum der Bedarf, die Pfeifenklänge bis zum völligen Erliegen des Winddrucks beim Abschalten simulieren zu müssen. Wer bräuchte das?„


    Ich hatte vergangenen Sommer das große Vergnügen ein Orgelkonzert von Franz Danksagmüller in St. Jakobi (Lübeck) besuchen zu dürfen. Sehr beeindruckend war die Darbietung von György Ligeti - „Zwei Etüden“: Harmonies - auf der Stellwagen-Orgel. Das Stück ist grafisch notiert und besteht vorwiegend aus ziemlich statischen Cluster-Akkorden. Die klangliche Malerei (anders kann man das kaum ausdrücken) entsteht nun durch sehr langsames Zu- und Abwählen von Registern bzw. durch nur halb gezogene. Das geht natürlich nur bei Instrumenten mit mechanischen Registerzügen und in diesem Fall mit Hilfe von zwei Helfern, die alle Hände voll zu tun hatten.

    Das Stück endete tatsächlich mit dem Abschalten des Gebläses - und da passiert klanglich noch so einiges, bis auch der letzte Hauch verhallt ist.


    Diese Art der Musik ist natürlich eine Geschmacksfrage aber ich würde solche Effekte nutzen wenn ich die Möglichkeit dazu hätte (die Orgel, welche mir in der Kirche zum Üben zur Verfügung steht hat leider einen elektrischen Spieltisch und Registerwippen).


    Vielleicht kommt ja mal ein Update mit der Möglichkeit solche extremen Winddruck-Effekte zu nutzen, egal ob gesampled oder gerechnet.


    Viele Grüße und ein gutes neues Jahr,

    Ralf

    • Offizieller Beitrag

    Es gibt im Pfeifenorgelbau ein schönes Beispiel dafür was man alles machen kann, wenn man vom klassischen Orgelspiel auf Effekte geht und sich künstlerisch in der Klanggestaltung ausleben möchte. Welche Zuhörer man damit erreicht? Viele steigen ja schon bei Cameron Carpenter aus

    Die neue Orgel in St. Martin (Kassel) bietet durch einstellbaren Winddruck der einzelnen Werke, programmierbare Stellungen der Schleifladen und im vierten Manual einer Viertelton-Tastatur eine Fülle von Klangeffekten.

    Im Internet unter "Orgel St. Martin Kassel" zu finden. Ich kann die Datei nicht hochladen. Bekomme die Fehlermeldung:" ungültiger Dateianhang"

    Gruß Rainer

  • Viele steigen ja schon bei Cameron Carpenter aus

    Cameron Carpenter ist da aber ein schlechtes Beispiel. Da steigen die Leute nicht aus, weil er irgendwelchen modernen Kram spielt, sondern weil er schlicht kein Talent hat.

    Es gibt im Pfeifenorgelbau ein schönes Beispiel dafür was man alles machen kann, wenn man vom klassischen Orgelspiel auf Effekte geht und sich künstlerisch in der Klanggestaltung ausleben möchte. Welche Zuhörer man damit erreicht?

    Es kommt halt darauf an, was man macht. Spielt man zeitgenössische Musik ist das Publikum wohl recht übersichtlich. Aber warum muss man denn immer so weit gehen, dass man das Publikum vertreibt?

    Den Winddruck muss ich ja nicht gleich so weit runterfahren, dass die Orgel jault. Außer ich will das, weil ich Filmmusik spiele. Oder Vangelis.

    Die Vierteltöne im IV. Manual muss ich ja nicht gleich alle gleichzeitig drücken und der 24-Ton-Musik fröhnen. Außer ich improvisiere Jazz und kann auf einmal viel schöner von einem zum anderen Ton gleiten.

    Und wenn ich mir das Kirchenschiffmodul genau ans andere Ende der Kirche stelle und dann mal bei der BWV 565 die Echoeffekte durch Kirchenschiff jage vertreibe ich vielleicht stocksteife Bachpuristen, aber die brauche ich eh nicht ;)

  • Am Ende bleibt eine digitale Orgel aber nur eine digitale Orgel. Egal wie ausgefeilt die Technik dahinter ist, es bleibt eine synthetische Momentaufnahme des Instrumentes zu dem Zeitpunkt. Wohingegen eine echte Orgel ja jedes mal etwas anders klingt. Spätestens dann wenn es über Nacht mal 5°C abgekühlt oder wärmer geworden ist wird man es hören und ich glaube auch wenn sich wohl jeder schon darüber geärgert hat, es gehört doch irgendwie dazu. Genau so der Heuler der mal mitten im Spiel auftritt oder das klemmende Register und man plötzlich das Cornet auf einigen Tasten hat während man versucht eine Meditation zu spielen und ins Schwitzen kommt um die Töne herumzuspielen. Ich persönlich sehe die digitale Orgel zumindest für Zuhause als einzige sinnvolle Möglichkeit des spielens und des übens an. Aber es ist eben genau so ein Unterschied wie Klavier und E-Piano. Egal wie gut die Simulation ist. Gute digitale Spieltische versuchen ja mit viel Aufwand auch die Mechanik und ähnliches zu simulieren, aber es bleibt eben doch etwas anderes. Nicht unbedingt schlechter oder besser, aber anders. Natürlich hätte ich liebend gerne auf den einen oder anderen Aussetzer an unseren echten Orgeln während eines Gottesdienstes verzichten können, aber irgendwie würden mir dann diese ganzen spaßigen Erinnerungen fehlen die sich nicht simulieren lassen. An einer digitalen Orgel ärgert man sich wenn eine Taste klemmt oder nicht geht, an einer richtigen in dem Moment zwar auch, aber spätestens wenn man dann schwarz die Orgel wieder verlässt und die Traktur wieder zusammengefügt hat ist man doch irgendwie stolz und zufrieden.

    Betreffend Oganteq habe ich ihm noch einmal eine Chance gegeben. Normal spiele ich mit Kopfhörer, aber wenn ich mit Lautsprecher spiele hört es sich doch ganz anders an. Meiner Meinung nach stimmiger als mit Kopfhörer.

  • Vielen Dank für den Hinweis auf die Orgel in Kassel! Habe mir gerade eine Demonstration davon auf YouTube angesehen: bin begeistert, auch davon, dass solch ein Instrument trotz sicher überschaubarem Interessentenkreis geplant und umgesetzt wurde.

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde das Instrument auch interessant. Es unterstützt auch ein wenig dem allg. Trend bei Improvisationen.

    Bei denen werden oft Klangeffekte ausgenutzt (lange Triller, Klangvariationen usw), die zu wiederholtem Thema als "Beiwerk" gespielt werden.

    Persönlich ist mir die klassische Orgel lieber. Allerdings sollte sie mit vielen hochliegenden Aliquoten-Kombinationen ausgestattet sein, die in der natürlichen Obertonreihe enthalten sind. Das gibt mir Farbe genug.

  • Nennt sich "Vierteltonmusik" und kann durchaus schön klingen.

    Ich hab vor Jahren mal im Leipziger Völkerschlachtdenkmal eine Flötistin begleitet. Die Orgelstimme hatte "normale" Töne, die Flötenstimme zusätzliche Viertöne. Zusammen mit den mehr als 10 Sekunden Nachhall des Denkmals klang das richtig gut.

  • Hier ein paar Beispiele für Mikrotonalität:

    Sehr informativ: Dolores Catherino

    https://m.youtube.com/c/dolomuse/fea…HiN4KHTVeA2E%3D


    Höchst erstaunlich (Vocal): Jacob Collier
    https://m.youtube.com/channel/UCtmY49Zn4l0RMJnTWfV7Wsg

    Direkt zum Thema: Fokker-Orgel

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