Physistechnik im Vergleich zu Samplesets

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    Worauf es ankommt ist ja, dass jede Pfeife eine eigene natürlich anmutende Klangcharakteristik entfaltet. Theoretisch kann man solche Klänge auch mit Physical Modeling erfinden. Aber wozu dieser immense Aufwand, wenn man den Effekt noch natürlicher bekommen kann, indem man einfach reale Einzelpfeifen einer Orgel sampelt?
    Wie die Samples dann gespeichert und wiedergegeben werden ist eigentlich eher von zweitrangigem Interesse. Historisch betrachtet war seit Erfindung von Hauptwerk RAM Speicher der einzig gangbare Weg um jede beliebige Registrierung in Echtzeit hörbar machen zu können. Seit Erfindung von schnellen Massenspeichern gibt es nun auch die Möglichkeit, die Samples seriell aus einem solchen auszulesen und dann quasi in Echtzeit weiterzuverarbeiten.

    Ob man nun RAM oder z. B. eine NVMe benutzt ist heute eher eine ökonomische oder philosophische Frage. Eine NVMe kostet über den Daumen 100 Euro und 32 GB RAM kostet über den Daumen auch 100 Euro und mit beidem kann man ansehnlich große Orgeln spielen. Akustisch ist das Ergebnis ohne Unterschied. Insofern besteht für HW und GO eigentlich kein Druck, die Software auf ein anderes Speicherverfahren umzustellen. Bei neuer Software kann man den Weg ja gehen. Möglicherweise bringt es für den Massenmarkt einen Preisvorteil. Ich sehe nur bei Orgelspielern (leider) den Massenmarkt nicht.

  • Von Barockorgeln bin ich eher gewohnt, dass jede Pfeife in einem Register ein klangliches Individuum darstellt.

    Das trifft auf jede Orgel zu. Bei barocken Orgeln nimmt man die einzelnen Töne nur besser wahr. Das ist ja der Unterschied zwischen Barock und Romantisch. Bei einer romantischen Orgel sind die Parameter der Pfeifen so gewählt, dass sie nicht so direkt sind. Die ideale romantische Orgel ist wie ein Orchester intoniert. Die einzelnen Töne sprechen langsam an und kommen hinzu oder verklingen wieder, ohne dass man es direkt hören soll. Man könnte auch böse sagen, dass alles so verwaschen sein soll dass man am Ende nicht mehr genau spielen muss :)

    Die Barocke hingegen ist so intoniert, dass ein Ton der einsetzt und verschwindet ganz genau zu hören sind. Man kann auch sagen dass sie direkter ist. Natürlich gibt es noch weitere Unterschiede, aber das ist eigentlich der wichtigste.

    Warum hat sich die romantische Orgel durchgesetzt? Vermutlich weil sie auch einfacher zu spielen ist. Setze dich heute als "guter" Orgelspieler das erste mal an eine Barocke Orgel, du wirst frustriert sein wie ungenau du doch spielst :)

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    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht für einen Kinder-PC :D

    Ein DDR5-64 GB-Kit, von dem man zwei bräuchte, kostet bei Mindfactory 265€ (Corsair), d.h., man ist dann 530€ los, was ein wenig mehr ist als "nichts".

    Vielleicht mal den Anbieter wechseln? Also beim Händler meines Vertrauens kosten aktuell 32 GB Corsair 99,- € und das ist schon nicht gerade der Allergünstigste.

    https://www.arlt.com/Hardware/PC-Ko…teller/Corsair/

    Dann stellt sich auch noch die Frage, wer wirklich 128 GB RAM braucht? Für die meisten Anwender würde ich sagen, sind 32 GB immer noch für viele Sample Sets ausreichend. Mit 64 GB ist man schon für dicke Sets gut versorgt und darüber hinaus gibt es eigentlich nur in Ausnahmen wirklich Bedarf für mehr RAM. Die Sets, die soviel Speicher brauchen, sind dann sowieso entsprechend teuer und benötigen einen 4-malualigen Spieltisch. Das heißt, da sind dann ggf. 200 € mehr für 128GB RAM eine Summe die beim Gesamtsystem vernachlässigbar ist.

    Außerdem müsste erst mal nachgewiesen werden, ob es mit einer NVMe überhaupt möglich ist, so viele Pfeifensamples einer so großen Orgel im Tutti tatsächlich schnell genug laden zu können.


    Nachtrag:

    Habe erst hinterher gemerkt, dass von DDR5 RAM die Rede war. Von der Sache her reicht aber DDR4 oder DDR3 auch dicke.

  • Außerdem müsste erst mal nachgewiesen werden, ob es mit einer NVMe überhaupt möglich ist, so viele Pfeifensamples einer so großen Orgel im Tutti tatsächlich schnell genug laden zu können.

    Wenn ich ein gutes und sicheres Ondemand schreiben würde, dann würde ich z.B die erste Sekunde jedes Sample schon einmal laden damit es vorhanden ist. Das brauch dann ja nicht so sehr viel Speicher, aber wenn dann ein Ton gebraucht wird, dann kann er unmittelbar gespielt werden und diese Sekunde genutzt werden um von einem Datenträger den Rest zu laden. Schlechtes Ondemand erkennt man ja daran, dass ein Datenträger der mal andere Dinge erledigen muss dazu führt, dass es zu Problemen kommt.

    Gut theoretisch ist die Lösung also klar und einfach. Praktisch möchte ich so was aber nicht robust und zuverlässig Programmieren müssen :) Ideal für so was sind natürlich in sich geschlossene Systeme. Der normale Heimcomputer mit Windows/Linux und dutzender anderer Software ist wohl das unzuverlässigste was man als Grundlage haben kann. Man muss sich darauf verlassen können, dass sein System einen festdefinierten Zustand jederzeit hat, ohne dass plötzlich irgendein Dienst irgendwas tut.

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  • 1) Außerdem müsste erst mal nachgewiesen werden, ob es mit einer NVMe überhaupt möglich ist, so viele Pfeifensamples einer so großen Orgel im Tutti tatsächlich schnell genug laden zu können.
    ...
    2) Von der Sache her reicht aber DDR4 oder DDR3 auch dicke.

    zu 1) Ist mit PCIe 5.0 M.2 möglich

    zu 2) Je nach Ansprüchen

  • zu 1) Ist mit PCIe 5.0 M.2 möglich

    So sicher ist das nicht. Diese hohen Geschwindigkeiten von 700 MB/s und mehr erreichen die Datenträger nur wenn eine riesige Datei gelesen werden muss. Bei vielen kleinen Dateien kann die Lesegeschwindigkeit sehr viel geringer sein. Dazu kommt noch das auch das Dateisystem welches verwendet wird einen großen Einfluss hat. Da sind Dateisysteme die nicht NTFS sind oft im Vorteil. Davon abgesehen greifen ja auch noch andere Anwendungen parallel auf den Datenträger zu und die Bandbreite von PCIe ist erst einmal nur ein theoretischer Wert. Die Bandbreite wird nämlich mit anderen Geräte geteilt und dann kommt ja noch Protokoll und Fehlerkorrektur dazu. Die Laborwerte sind üblicherweise sehr viel höher als die praktischen Werte die man Zuhause mit laufenden System erreichen kann.

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  • Wir reden hier nicht von den alten Transfer-Raten im MB-Bereich, sondern von 16 GB/s für PCIe 5.0 M.2. Wenn damit Netto 14 GB/s möglich sind, bin ich zufrieden.

    PCIe 4.0 M.2 liest übrigens die Hälfte von PCIe 5.0 (8 GB/s). In Hauptwerk werden keine kleinen Dateien gelesen (nur zum Aufbau des Caches), sondern es wird eine große Cache-Datei verwendet, aus der man auch per Streaming lesen könnte (möglicherweise dann anders im strukturellen Aufbau).

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    zu 1) Ist mit PCIe 5.0 M.2 möglich

    zu 2) Je nach Ansprüchen

    zu 1) Man darf auch nicht vergessen, dass ein großes Sampleset einer Kathedralorgel mit viel Nachhall und 100 oder mehr Registern im Tutti, bei schnellem Stakkato-Spiel unheimliche Mengen an Polyphonie benötigt, wenn man keine Abschneidung von Hallfahnen provozieren will. Das sind dann schnell mal zigtausende von Samples, die gleichzeitig parallel aus einem Massenspeicher gestreamt werden müssen. Man könnte das mal grob ausrechnen, aber aus dem Bauch heraus habe ich zumindest Bedenken, ob das dann auch in der Praxis noch funktioniert und nicht nur in der Theorie. Für kleinere Samplesets sicher keine Frage und wird ja auch schon gemacht.

    zu 2) Der einzige Anspruch ist, die Samples schnell genug aus dem RAM auslesen zu können - mehr nicht. Da hatte ich auch zu Zeiten von DDR2 oder DDR mit Hauptwerk nie Engpässe bei der Geschwindigkeit im RAM Lesezugriff. Es macht ja musikalisch wenig Sinn, die Samples schneller abzuspielen, nur weil das RAM es könnte. Der Begrenzende Faktor waren damals eher die zu geringen CPU Leistungen für ein Set mit 100 Registern und viel Hall.

  • zu 1) und 2)

    Das kann ich bestätigen.

    Um nochmal zurück zum Klangvergleich zu kommen, der Vergleich ließe sich auch auf unterschiedliche Samplesets für virtuelle Orgeln inklusive DO Orgeln mit integrierten Samples erweitern.

    Obwohl die virtuelle Orgel, in meinem Fall GO, einer realen Orgel schon recht nahekommt, fehlt dem Klang doch immer noch ein wenig an Präzision und Transparenz vor allem im Obertonbereich.

    Die hohen Stimmen gehen im mehrstimmigen Spiel gelegentlich im Gesamtklang unter bzw. setzen sich nicht so brillant durch, wie ich das bei den internen Samples der Cantorum Duo höre.

    Ich versuche das z.T. mit einer Anhebung der Lautstärke für einzelne Register zu verbessern, was aber den Klang nicht unbedingt transparenter macht. Gelegentlich schalte ich sogar einfach ein Register der Cantorum dazu, um die Präzision im Obertonbereich etwas anzuheben.

    Ich denke da spielt besonders die Aufnahmetechnik der einzelnen Pfeifenreihen eine große Rolle, um eine gute Balance zwischen direktem und indirektem Schall zu finden. Mehrkanalige Samples bieten da sicherlich deutlich mehr Potenzial.

    Da ich jedoch, wie ich das schon zum Thema „zu wenig RAM“ mal ausgeführt habe, zurzeit nur begrenzten RAM installieren kann und den fehlenden Speicher mit einer Auslagerung auf eine große PCIe 3.0 4x M.2 versuche auszugleichen, stoße ich bei großen mehrkanaligen Samples schnell an Latenzgrenzen.

    Der fehlende RAM Speicher kann zwar mit den schnellen Speichern an der PCIe Schnittstelle z.T. kompensiert werden, jedoch ist die Lesegeschwindigkeit eines RAM immer noch um ein vielfaches höher, auch gegenüber PCIe 3, 4 oder 5.

    Zum Vergleich:

    RAM: DDR4-2666 1333 MHz lesen 21,3 GByte/s Latenz ca. 15 ns = 0,015 µs zum besseren Vergleich

    NVMe-SSDs für PCIe 3.0 4x lesen 3,4 GByte/s Latenz ca. 10 µs bis 225 µs

    Natürlich spielen dabei CPU, OS, Treiber auch noch eine zusätzliche entscheidende Rolle.

    Am Beispiel des Samplesets Bückeburg, das mit allen Kanälen ca. 48GB Speicher belegt, davon in meinem Fall über 30 GB auf die PCIe bei nur 16GB RAM, habe ich zumindest den Eindruck, dass mit zunehmender Anzahl an Registern und damit Tönen die geladen werden müssen die Ladezeit bei steigender Polyphonie schnell zu Lasten der Latenz geht und die notwendigen Samples per Buffer bei 512 und mehr landen, nur um keine Ton-Aussetzer zu produzieren.

    Aus meiner Sicht ist daher eine RAM Erweiterung wenigstens bis 64 GB immer die erste und beste Wahl sofern das Board es hergibt.

  • Mit Auslagerungsdatei hatte ich auch experimentiert und bin ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass 32GB echter Arbeitsspeicher besser sind, als 16GB RAM plus Auslagerungsdatei. Der ganze PC geriet gefühlt ins Stocken, wenn ein Sampleset geladen war, dass die "ersten" 16GB komplett ausfüllte.

    Beim Auto würde man sagen: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen. Außer durch noch mehr Hubraum.

  • Wobei man ab einem gewissen Punkt auch über den Sinn einer Investition diskutieren kann. Ich kenne auch Fälle wo jemand einen mittleren fünfstelligen Betrag für einen Tisch mit Hauptwerk ausgegeben hat inkl. Soundsystem.

    Da Frage ich mich dann tatsächlich warum man nicht diese Summe genommen hat um sich eine gute Hausorgel mit echten Pfeifen zu kaufen, vor allem wenn der Platz da ist und das Umfeld für Möglichkeit bietet. Für 50.000 Euro bekommt man ja schon eine Orgel die klanglich und vom Spielgefühl alles übertrifft was digital möglich wäre. Und mal im ernst, jede gut intonierte Orgel vom Orgelbauer die eine gute Auswahl an Register bietet, wird klanglich besser dastehen als das beste Set.

    Sogar die Stromkosten wären geringer. Selbst unsere große Orgel hier braucht im Betrieb nur etwas 50 Watt für das Gebläse. Ein normaler Hauptwerk Pc braucht mehrere hundert Watt.

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  • wie geht das??

    meine Frage von vorhin hat sich erübrigt.

    Ich hatte mal vor einiger Zeit eine Aeolus standalone version für Windows heruntergeladen die die Möglichkeit nicht bietet.

    Auf YT bin ich inzwischen fündig geworden wie sich aeolus mit organnery auf einem raspberrypi betreiben lässt. Das sieht sehr

    ressourcenschonend bei minimalem Stromverbrauch aus.

  • Ich hatte mal vor einiger Zeit eine Aeolus standalone version für Windows heruntergeladen die die Möglichkeit nicht bietet.

    Von Aeolus gibt es doch keine Windows Version?! Es gibt einen Fork der als Plugin unter Windows läuft, dass ganze hat aber bis auf den Namen nicht mehr viel mit Aeolus gemeinsam.

    Organnery ist eigentlich für den PI die beste Option, da Aeolus aus dem Code bauen für den PI alles andere als trivial ist. Man bekommt es zwar gebaut, aber ohne miese Hacks nicht zum laufen :) Wenn du mit Organnery mit Midi die Register bedienen willst wird es etwas kniffliger. Man schaltet dort die Register an mit einem NoteON/OFF auf den Tönen 0-X. Beispiel Register 1 in Werk 1 ist NoteON/OFF auf Kanal 0, Note 0. Register 2 auf Werk 2 wäre dann NoteON/OFF auf Kanal 1 Taste 1... Du verstehst? :)

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  • ... fehlt es dem Klang an Präzision und Transparenz vor allem im Obertonbereich.

    Die hohen Stimmen gehen im mehrstimmigen Spiel gelegentlich im Gesamtklang unter ....

    Ja.

    ((Meine Abhilfen:

    1) Semidry-Zumischung (HW-Samplesets von SP)

    2) Mehrkanal mit Mischung von direkterer und indirekterer Abstrahlung in verschiedene Richtungen; Frontkanäle direkter; Hohe Register im Hauptmanual (!) ohne Rearkanäle, die den Klang nach meinem Hören zu sehr mit Durcheinander verwischen und in dieser Einzeladdition auch nicht der realen Hallsituation im Kirchenschiff entsprechen ))

    Mein Hybridprojekt zeigt mir jedoch klar, wo das eigentliche Nadelöhr sitzt. Nicht in den PCs, die heute der Traum der Nerds von vor etlichen Jahren sind, nicht in allererster Linie bei der Tonerzeugung (Sample vs physical modeling, die sich wohl einander annähern werden)....

    ....sondern in der völlig anders gearteten Abstrahlung von realen Pfeifen zu Lautsprechern.

    Rainscho und viele Webseiten können dies im Einzelnen verdeutlichen....

    (Längsdruck, Querdruck, Pfeifenspitze....und und und.....)

    Man muss enormen Aufwand betreiben (Abstrahlung an die Seiten, an die Decke, räumliche Staffelung...u.v.a.m), um der Pfeifenabstrahlung mit Lautsprechern näher zu kommen. Es bleiben große Unterschiede - besonders wie du, sygo bemerkst, in der Obertonabstrahlung!!

    Logisch bei der relativ eng gerichteten Abstrahlung von Höhen bei Lautstrechern, wenn nicht durch Line Arrays oder andere teure Raffinessen Abhilfe betrieben wird.

    Hier gilt es zu forschen und hier möchte ich mit der leistungsstarken Audioengine von HW weiter lernen und Versuche durchführen.

    (Alle anderen "Probleme", die unablässig diskutiert werden, sehe ich als gelöst an)

  • PS: Eine sehr gute Hauptwerk-Mehrkanal-Installation mit rd 10 Sets gibt es heute ab ca. 8000 Euro.

    Zum Stromverbrauch: Habe ein Messgerät an einem meiner beiden i9 10880H Mini-PCs.

    An Tagen, in denen ich zuhause bin, laufen sie im Winterhalbjahr ca. 5 Stunden am Tag. Rd 2-3 Stunden bei Volllast, die andere Hälfte im Leerlauf: Durchschnitt: 100-120 Watt, also

    0,6 kWh. Strompreis ab März 44Cent/kWh statt wie bisher 24 Cent. (8% Inflation ??)

    (Was also wirklich kostet, ist jede Wärmeerzeugung im Haus.)


    20230211_071939.jpg

  • Von Aeolus gibt es doch keine Windows Version?!

    https://github.com/Archie3d/aeolus_plugin/releases

    dieses Windows Plugin habe ich heruntergeladen ohne zu wissen dass es zwei aeolus Versionen gibt.

    die Linux Version ist dann offensichtlich diese hier

    http://kokkinizita.linuxaudio.org/linuxaudio/aeolus/

    unter Linux wie Du schon angemerkt hast wahrscheinlich einfacher als auf dem reaspberrypi zum laufen zu bringen.