Wozu erziehen Fugen?

  • Lange Zeit meines Lebens war ich zu stark mit anderen Dingen beschäftigt, um dreistimmige Fugen zu erlernen.

    (Viel Durcheinander, oft Schnell-schnell, mit dem Bewusstsein schon bei den nächsten Dingen......u.v.a.m.)

    Nun habe ich - in viel größerer Ruhe - die Fuge entdeckt. Welche Klarheit, welche Strenge, welche geistige "Akrobatik"-----!

    Zitat
    "Interessant kann man es [das Thema] eigentlich nicht nennen; es ist nicht einer genialen Intuition entsprungen, sondern mehr in Hinsicht auf seine allseitige Verwendbarkeit und in Absicht auf die Umkehrung so geformt worden. Und dennoch fesselt es denjenigen, der es immer wieder hört. Es ist eine stille, ernste Welt, die es erschließt. Öd und starr, ohne Farbe, ohne Licht, ohne Bewegung liegt sie da; sie erfreut und zerstreut nicht; und dennoch kommt man nicht von ihr los.“

    (Albert Schweitzer)

    Es gibt Fugenthemen, die mich absolut faszinieren!

    (Und ich freue mich so sehr, dass es unsere Tochter, die mehr Ruhe und Klarheit im Bauch und im Kopf hat als ich die meisten Jahre. ebenso erlebt.)

    Als ich es vor einiger Zeit um ersten Mal schaffte, 3 GLEICH WICHTIGE Stimmen zu artikulieren, erlebte ich dies als Offenbarung. Als Bewusstseinserweiterung! Bin jedes mal ganz aus dem Häuschen.....

    Es geht nur, wenn ich nicht müde, geistig klar und kräftig bin. An "schlechten" Tagen brauche ich gar nicht anzufangen.....


    Dann denke ich: Wozu erziehen uns Fugen?

    Vielleicht zuerst: Nicht zu Schludern.

    Ausgeschlafen zu sein. Nicht nur getrieben durch persönliche Bedürfnisse, Süchte ( häufige sind Beachtungssucht, Rechthaberei und Kompetenzgerangel ) oder gar Ansätzen von leichter Paranoia, die wir wohl alle haben.

    Klarheit und eine gewisse Strenge im Denken und Fühlen.

    Dann vor allem:

    Zu der Fähigkeit, gleichzeitig mehrere Stränge im Bewusstsein zu halten, zu verfolgen und auszugestalten.

    Menschen, die beispielsweise zu Corona, jetzt zum Ukrainekrieg und vielen anderen gesellschaftlichen Fragen NUR EINE STIMME, ein Narrativ, eine Erzählung (meist die der Hauptmedien) unablässig herumposaunen, nerven mich nur noch.

    Wenn so jemand meinen Weg kreuzt, dann mache ich, dass ich weg komme. Die nach 2 Sätzen feststellbare Eingleisigkeit WIDERT mich an!

    (Vorsichtig ausgedrückt. Könnte deutlicher werden. ;))

    Warum wird nicht mehr Wert überall gelegt auf Vieldeutigkeit: z.B. die Jahrhunderte währende Tragödie der Ukraine, wer die kulturelle Identität definieren darf: https://overton-magazin.de/top-story/die-…-der-ukraine-2/

    oder:

    https://overton-magazin.de/top-story/die-…m-voelkerrecht/


    Wer jemals Mediation erlebt oder erlernt hat, der weiß, dass man zum Frieden schaffen, mehrere Stränge gleichzeitig, gleich wichtig und achtenswert verfolgen, ins Bewusstsein heben und schließlich nach Möglichkeit "kontrapunktisch" verbinden muss.

    ( Mikelectric lebt das nicht selten in seiner Moderation vor! Hochachtung und DANKE!)

    AMBIVALENZ ist KOMPETENZ

    Ist das Leben so etwas wie eine Fuge mit zigtausend Stimmen, dessen Komplexität wir aber auf mehrere wenige Grundlinien reduzieren müssen!? Aber auf MEHRERE! Nicht auf eine, um Himmels willen!!!


    Macht das etwas mit euch?

    ...........................

    :?:

    • Offizieller Beitrag

    Es geht nur, wenn ich nicht müde, geistig klar und kräftig bin. An "schlechten" Tagen brauche ich gar nicht anzufangen.....

    Orgel spielen zu dürfen ist in ganz besonderer Weise eine Gabe. Gabe kommt von gegeben bekommen. Nicht jeder bekommt eine Gabe. Wer eine Gabe bekommt, ist sich dessen oft gar nicht bewusst und hält es für selbstverständlich. Wer sich dessen nicht bewusst ist, kennt deshalb meist auch den Geber nicht. Der Geber entscheidet aber, ob, wann und wieviel er gibt.

    So sitze ich oft an der Orgel und warte auf eine Gabe. Manchmal kommt sie völlig unerwartet. Manchmal bleibt sie auch ganz aus. Dann bedanke ich mich bei meinem Geber dafür, dass ich noch andere Gaben von ihm bekommen habe.

    Ist das Leben so etwas wie eine Fuge mit zigtausend Stimmen, dessen Komplexität wir aber auf mehrere wenige Grundlinien reduzieren müssen!? Aber auf MEHRERE! Nicht auf eine, um Himmels willen!!!

    Es liegt immer im Auge des Betrachters. Das Auge sieht im Leben, wie in der Fuge, immer nur das, was es sehen will. Wir können nur alles sehen, wenn wir die Augen auch weit aufmachen. Viele halten sie jedoch geschlossen. Dann ist die Fuge auch so eindimensional wie ihr Leben.

  • Aber eine Fuge ist doch nichts anderes als jede andere Form von Musik. Sämtliche Aussagen lassen sich auf alle Gattungen übertragen. Choral, Toccata, Duo, Rondo und so weiter. Es ist immer ein Zusammenspiel von verschiedenen Tönen die einer Regel folgen. Eine Fuge macht da keine Ausnahme.

    Melodeum.de - Wissenswertes zu Harmonium

    • Offizieller Beitrag

    Aber eine Fuge ist doch nichts anderes als jede andere Form von Musik. Sämtliche Aussagen lassen sich auf alle Gattungen übertragen. Choral, Toccata, Duo, Rondo und so weiter. Es ist immer ein Zusammenspiel von verschiedenen Tönen die einer Regel folgen. Eine Fuge macht da keine Ausnahme.

    In gewisser Weise schon. Nur lassen sich Präludien und Choräle von den Akkorden senkrecht betrachten und spielen. Fugen und Triosonaten horizontal in ihren Stimmen und Gegenthemen.

    Wenn alle Werke nur ein Zusammenspiel verschiedener Töne nach Regeln sind verstehe ich nicht dass z.B. die Triosonaten von J.S.Bach allgemein schwerer zu spielen sind als Präludien.

    Bei Toccata und Fuge / Präludium und Fuge verhält es sich ähnlich.

    Die Toccata oder das Präludium bekommt man oft noch relativ gut hin. Bei der Fuge wird es plötzlich schwieriger.

    Wenn man eine Fuge / Triosonate etc nicht horizontal in den einzelnen Stimmen und im Zusammenklang der Themen denken und klar mithören kann verfällt man leicht dazu akkordmäßig zu spielen. Alle Akkorde richtig gespielt kann dann schnell die Artikulation und Phrasierung der einzelnen Themen untergehen.

    Auch wenn man die Fuge sauber in den einzelnen Tönen hinkriegt klingt sie dann undurchsichtiger und schwächer als wenn mann sie stimmlich denkt und die Themen sauber ausführt.

    Denn genau das ist der Zauber einer Fuge oder Triosonate und hebt sie aus anderen Werken hervor

  • Die Toccata oder das Präludium bekommt man oft noch relativ gut hin. Bei der Fuge wird es plötzlich schwieriger.

    Die spannende Frage ist da aber ob es an Ausbau liegt, oder daran dass es anders und ungewohnt ist. Wenn sich jemand auf Fugen spezialisiert hat, wird es dann auch noch schwer sein?

    Gut dadurch dass jede Stimme eigentlich ihr Ding macht und man sie gleichzeitig verfolgen kann, fällt natürlich jeder Fehler auch stark auf. Was natürlich auch auf einen Cantus Firmus so zutrifft.

    Melodeum.de - Wissenswertes zu Harmonium

    • Offizieller Beitrag

    Die spannende Frage ist da aber ob es an Ausbau liegt, oder daran dass es anders und ungewohnt ist. Wenn sich jemand auf Fugen spezialisiert hat, wird es dann auch noch schwer sein?

    Gut dadurch dass jede Stimme eigentlich ihr Ding macht und man sie gleichzeitig verfolgen kann, fällt natürlich jeder Fehler auch stark auf. Was natürlich auch auf einen Cantus Firmus so zutrifft.

    Kannst du das bitte spezifizieren? Ich möchte dich gerne verstehen.

    Ein Cantus Firmus darf natürlich nicht auseimanderfallen.

    Die Begleitung darunter meist akkordisch ausgeführt, ist immer wieder senkrecht lesbar und spielbar.

    Das ist mit 3 bis 4 Stimmen in einer Fuge m.E. nicht vergleichbar

  • Kannst du das bitte spezifizieren? Ich möchte dich gerne verstehen.

    Ich kann es versuchen :)

    Ich weiß eben dass jede Musikgattung ihren eigenen Regeln folgt. Auch eine Fuge ist ja nichts zufälliges und folgt ihren eigenen Regeln, wie diese aufgebaut sein muss. Wenn man nun dieses Prinzip hinter einer Fuge verstanden hat, dann ist es insofern nicht mehr schwerer wie andere Stücke, da man bereits mit seinem Wissen den möglichen Verlauf der Melodien erahnen kann. Das trifft meiner Meinung nach auf alle Gattungen zu. Wenn man das System dahinter verinnerlicht hat, dann hat jedes Stück bekannte Elemente welche nicht irgendwie spontan und unlogisch daher kommen.

    Wenn man sich aber mit einer Gattung nicht befasst oder das System dahinter nicht kennt, dann sind es natürlich willkürliche Verläufe die man nur schwer vom Blatt spielen kann. Im Vergleich zu einem Vierstimmigen Bach Satz kann man eben bei vielen Abfolgen bereits erahnen wie es weitergehen muss.

    Melodeum.de - Wissenswertes zu Harmonium

    • Offizieller Beitrag

    Natürlich muss man sich mit jeder Art Literatur beschäftigen.

    Der Ausgangspunkt war ja, dass alle Werke nur zu spielende Töne, die Regeln folgen, sind.

    Dennoch bin ich schon der Ansicht, dass die Fuge höhere Ansprüche an den Interpreten stellt als z.B. ein Präludium.

    Bach hat

    "Die Kunst der Fuge", aber nicht

    "Die Kunst eines 4-stimmigen Choralsatzes oder Präludiums" geschrieben.

    Klingt bissl. übertrieben. Ich weiß. Möchte hier auch niemanden persönlich angehen.

    Es zeigt aber deutlich dass J. S. Bach der Fuge eine besondere Stellung in der Musik gegeben hat. Und das fordert auch den Interpreten besonders heraus.

    Das ist das Denken in Stimmen und Verkäufen, Phrasen und Artikulationen. Im Allgemeinen schwerer zu praktizieren. Im gewissen Sinne trifft es auch auf den cantus firmus zu.

    Nur ist dieser im allg. 1-stimmig geschrieben und dadurch auch einfacher zu spielen als 3 bis 5-stimmige Fugen

  • Das ist das Denken in Stimmen und Verkäufen, Phrasen und Artikulationen. Im Allgemeinen schwerer zu praktizieren.

    Da stimme ich dir zu. Meiner Meinung nach ist eine Fuge ein kleines Orchesterstück. Man hat einzelne Stimmen die unabhängig voneinander etwas machen und einzeln Verfolgt werden können, aber gleichzeitig ergeben diese einzelnen Stimmen auch wieder einen Gesamtklang. Mal gehen die Stimmen mehr voneinander weg, eine hebt sich hervor und gehen wieder zusammen. Bei den meisten anderen Sätzen ist es ja eher so, dass eine Stimme die Richtung angibt und alle anderen Töne hängen von dieser einen Stimme eben ab. Bestes Beispiel der strenge vierstimmige Choralsatz. Das ist der Melodieton meistens im Sopran eben der einzige Ton der darüber entscheidet was Alt, Tenor und Bass machen können...

    Ich hoffe ich habe das richtig geschlussfolgert.

    Da gibt es eine schöne Videoreihe bei Youtube wer sich mal daran setzen will eine eigene Fuge zu schreiben

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    Melodeum.de - Wissenswertes zu Harmonium

    • Offizieller Beitrag

    Die Beispiele sind schön, um anfänglich eine Fuge im Aufbau zu verstehen.

    Beim Abspielen mit dem verwendeten Programm, genau nach Notenwerten, entsteht der Effekt, dass ein neu einsetzendes Thema nicht ohne Noten mitzulesen erkennbar ist. Es wird spieltechnisch nicht vorbereitet.

    Geht mit dem Programm nicht so leicht.

    Genau diesen Aspekt u.a. meine ich mit meinen Posts. Jedes einsetzende Thema muss vorbereitet werden damit man es deutlich hört. Und jedes Thema (und Gegenthema etc) muss im Verlauf deutlich phrasiert und artikuliert werden. Das ist die Kunst der Fuge.

    Es darf nicht so ähnlich klingen wie die Demonstration mit dem Programm auf dem YouTube.

    Bei der Denonstration ist es o.k.

    Es geht hier ja nur um das Prinzip im Aufbau

  • Ja, und darum ist das Spielen einer Fuge eine Bewusstseinsschulung auf höchster Ebene.

    Diese mehrfachen versetzten Phrasierungen und Artikulierungen gleichzeitig im Hirn zu bewältigen und im gemeinsamen, durchsichtigen Fluss auszuführen.