Die Ankündigung von Firma MakeMusic, USA, dem Hersteller des renommierten Notensatzprogramms "Finale", hat mich doch einigermaßen überrascht. "Finale" wird nicht mehr weiterentwickelt, sondern vom Markt genommen. Daher möchte ich nun etwas wehmütig zurückblicken.
Nun bin ich doch schon seit einigen Jahren begeisterter Nutzer von "Finale". Mit dieser Software bin ich mehr als zufrieden. Sicherlich hatte es seinerzeit lange gedauert, bis ich sie zu bedienen lernte und bis ich wusste, was sich hinter den einzelnen Icons und Funktionen verbirgt. Natürlich hat auch Finale seine Tücken und auch Schwächen. Doch im Laufe der Jahre hat man gelernt, diese zu umschiffen. Mit den regelmäßigen (leider kostenpflichtigen) Updates ist die Software stetig benutzerfreundlicher und auch "besser" geworden. Doch nun ein kurzer Blick noch weiter zurück in die Zeit, bevor ich "Finale" kennen und lieben lernte:
Lange bevor ich mir "Finale" kaufte, arbeitete ich mit dem Noteneditor des Sequenzers "Cakewalk" des Herstellers Twelve Tone Systems Inc (späterer Name: "Cakewalk Sonar"; heute kostenlos erhältlich beim Clouddienst "BandLab" der Firma Caldecott Music Group). Schon damals hatte ich mir eine eigene Noteneingabehilfe gebastelt. Sie bestand darin, die Blatteingabe einer Note in der Tonhöhe und der Tondauer zu entkoppeln. Mit dem Keyboard spielte ich die Tonhöhe ein, dazu gab ich mit einem selbstgebauten Pedal die jeweilige Tondauer an. Für jede Standard-Tondauer hatte ich eine separate Pedaltaste zu Verfügung (z.B. jeweils eine für ganze Töne, für Halbe, Viertel, Achtel usw., sowie eine für punktierte Noten; "krumme" Tondauern gab ich mit der Tastatur ein). Damit umging ich die Problematik der Quantisierung beim Zusammenfügen mehrerer Stimmen. (Anm.: mittlerweile stehe ich mit diesem Ansatz durchaus nicht mehr alleine da.) Zu dem damaligen Zeitpunkt befand sich das Konkurrenzprodukt "Cubase" von Firma Steinberg m. E. noch in den Kinderschuhen. Schließlich verbesserte ich meine Möglichkeiten der Layout-Gestaltung und Partitur-Bearbeitung durch den Kauf von "Capella" und "Capella-Scan", einem sehr guten Notensatz- bzw. Musiknotenerkennungsprogramm. Jedoch hatte irgendwie "Capella" den Anschluss an eine modere Grafikbenutzeroberfläche verpasst (Anm.: vermutlich verschwand sie deshalb vor ein paar Jahren vom Markt). Da jedoch zwischenzeitlich meine Ansprüche an ein Notensatzprogramm gestiegen waren, begab ich mich schon frühzeitig auf die Suche nach einer Alternative zu "Capella". Soviel zum Rückblick in mein Leben, bevor ich mich mit "Finale" anfreundete.
Schließlich war für meine Entscheidung zum Wechsel zu "Finale" ausschlaggebend, dass angesehene Institutionen mit diesem Notensatzprogramm arbeiteten, wie bspw. das Mozarteum in Salzburg. Den Kauf von "Finale" habe ich bis heute nie bereut, obwohl "Finale" mächtig Konkurrenz durch "Sibelius" bekommen hat. (Anm.: m. E. schwindet aktuell auch die Marktpräsenz von "Sibelius", nachdem die Weiterentwicklungskapazitäten für dieses sicherlich sehr gute Notationsprogramm stark heruntergefahren und letztlich in die Ukraine verlagert wurden; einige der ursprünglichen Entwickler von Sibelius wurden von Firma Steinberg zur Entwicklung von "Dorico" (s. weiter unten) angeworben). Trotz des erforderlichen Nachbearbeitungsaufwandes schätze ich bis heute die Möglichkeit, mit "SmartScore" Notenblätter optisch zu erfassen und zu erkennen sowie diese anschließend in "Finale" weiterzuverarbeiten oder auch nur in eine andere Tonart zu transponieren. Jedoch ist mir in einem Punkt "Finale" bis heute etwas suspekt geblieben: es ist die Verschlüsselung des Dateisystems, was den Austausch mit anderen Programmen erschwert.
Als vor etwas mehr als zehn Jahren Firma Steinberg ankündigte, ein eigenes Notensatzprogramm namens "Dorico" entwickeln zu wollen, hatte ich damals nur ein müdes Lächeln dafür übrig. Der spezielle Markt war doch schon sehr gut besetzt. Doch wie sehr sollte ich mich damals geirrt haben! Denn es heißt jetzt von MakeMusic und Steinberg im Gleichklang sinngemäß: "Finale ist tot; es lebe Dorico!". Allen "Finale"-Benutzern wird für 149 US$ ein Crossgrade zu "Dorico Pro 5" angeboten. Ansonsten können bisherige "Finale"-Nutzer ab jetzt nur noch ein Jahr lang ihre gültigen Lizenzen von einem PC auf einen anderen übertragen bzw. Upgrades des MS-Betriebssystems vornehmen (z.B. von Windows 10 auf 11). Danach kann "Finale" nicht mehr in einer anderen Umgebung aktiviert werden, da dann das "Finale"-Lizenzmanagement abgeschaltet wird. Also muss ich mich nun schweren Herzens von "Finale" verabschieden und mich auf die Suche nach einem anderen guten Notationsprogramm begeben.
In dem Ende von "Finale" liegt sicherlich auch die Chance des generellen Neubeginns. Für mich stellt sich jetzt die Frage, ob der passende Zeitpunkt zum Verlassen der MS-Windows-Welt und der Umstieg auf Linux mit ALSA, JACK & Co. gekommen ist. In den entsprechenden Forum-Beiträgen hier in unserer Community lese ich jetzt sehr interessiert über Erfahrungen mit den Open Source-Notationsprogrammen "MuseScore" und "LilyPond", letzteres in Kombination mit "Frescobaldi". Mal sehen, ob die Linux-Umgebung für mich eine Zukunftsperspektive darstellt. Auf der Suche bin ich noch nach persönlichen Erfahrungsberichten über die kostenlose DAW "Rosegarden"... Doch jetzt heißt es: Ade "Finale"!